Labour holt auf, aber Corbyn überzeugt nicht.
London.Die Choreografie allein nahm dem Ereignis den Großteil der Spannung. Nachdem die konservative britische Premierministerin, Theresa May, eine Livekonfrontation mit Herausforderer Jeremy Corbyn von der Labour Party abgelehnt hatte, stellten sich die Spitzenkandidaten Montagabend nacheinander im TV-Studio Fragen der Öffentlichkeit. May versuchte, sich zum Thema Brexit als Führungspersönlichkeit zu profilieren, Corbyn punktete mit Aufrufen gegen soziale Ungerechtigkeit.
Nach ihrem Umfaller bei der Sozialfürsorge musste sich May harte Fragen zu ihrer Standhaftigkeit gefallen lassen. Sie wiederholte ihre Position, dass „kein Deal besser ist als ein schlechter Deal“. Sie wies Vorwürfe zurück, die Briten gingen unvorbereitet in die Brexit-Verhandlungen. Aus dem Publikum kamen Buhrufe für May, als negative Auswirkungen der Budgetkürzungen zur Sprache kamen.
Während May nicht verbergen konnte, dass sie auf Widerspruch irritiert reagiert, schnitt Corbyn allein deshalb über den Erwartungen ab, weil selbige so niedrig waren. In den Fragen musste er sich besonders zu Nebenthemen seiner linken Vergangenheit rechtfertigen. Dass er keine schlüssige Position zum Thema Brexit vorlegen konnte, geriet da ins Hintertreffen.
Zuspitzung gewünscht
Unvermeidlich reklamierten beide Seiten nach der Debatte den Sieg für sich. Klar wurde jedenfalls die Strategie der beiden Parteien für den Wahlkampfendspurt: Die Tories wollen eine Zuspitzung zwischen May und Corbyn. Selbst wenn Labour den Abstand auf 35,8 Prozent gegenüber 44,2 Prozent für die Tories verkürzte, will nicht einmal ein Viertel der Wähler Corbyn als Premier. May hingegen scheinen die Briten nicht zu lieben, aber sie wollen sich von ihr führen lassen. Dazu Meinungsforscher Anthony Wells: „Wenigstens ist die Wahl keine von vornherein entschiedene Sache mehr.“ (gar)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2017)