Mit einer absoluten Mehrheit kann sich Emanuel Macron auf die Umsetzung seiner Pläne für Frankreich konzentrieren. Die Opposition ist zetrtümmert. Erstmals im Parlament: Marine Le Pen.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat nach seinem klaren Sieg bei der Parlamentswahl freie Bahn für seinen Reformkurs. Das Bündnis des sozialliberalen Präsidenten gewann bei der Parlamentswahl am Sonntag 350 von 577 Sitzen und damit eine deutliche absolute Mehrheit. Konservative und vor allem die Sozialisten verloren zahlreiche Mandate.
Macrons Partei La Republique en Marche gewann in der zweiten Runde der Parlamentswahl dem Innenministerium zufolge 308 Sitze in der Nationalversammlung - allein das liegt schon deutlich über der absoluten Mehrheit von mindestens 289 Sitzen. Die verbündete Zentrumspartei MoDem erzielte 42 Abgeordnetenmandate.
Allerdings hatten Wahlforscher dem Macron-Lager vor dem zweiten Wahlgang einen noch deutlicheren Sieg mit mehr als 400 Sitzen vorhergesagt. Auch trübte die historisch niedrige Wahlbeteiligung von knapp 43 Prozent den Erfolg des Präsidenten.
"Die Hoffnung der Wut vorgezogen"
Regierungssprecher Christophe Castaner räumte noch am Sonntagabend ein, der Ausgang der Wahl bedeute keinen "Blankoscheck" für die Regierung. Premierminister Edouard Philippe sprach aber von einer klaren Mehrheit für Macrons Programm. Die Franzosen hätten mehrheitlich "die Hoffnung der Wut vorgezogen, den Optimismus dem Pessimismus, das Vertrauen dem Rückzug".
Philippe sollte noch am Montag förmlich seinen Rücktritt einreichen und mit einer neuen Regierungsbildung beauftragt werden, wie es in Frankreich nach Parlamentswahlen üblich ist. Erwartet wurden nur minimale Änderungen der Regierungsmannschaft.
Sozialisten-Chef tritt zurück
Die Sozialisten von Ex-Staatschef François Hollande erlitten bei der Wahl ein Debakel: Sie stellen künftig nur noch 30 Abgeordnete - etwa ein Zehntel ihrer bisherigen Abgeordneten. Parteichef Jean-Christophe Cambadelis nannte das Wählervotum "unmissverständlich" und kündigte seinen Rücktritt an.
Auch die konservativen Republikaner erlitten erhebliche Einbußen, konnten mit künftig 112 Abgeordneten aber die Verluste begrenzen. Die verbündete Mitte-Rechts-Partei UDI kam auf 18 Sitze. Die Bewegung Das unbeugsame Frankreich des Linkspolitikers Jean-Luc Melenchon gewann 17 Mandate, die Kommunisten erzielten zehn Mandate. Die rechtspopulistische Front National stellt künftig acht Abgeordnete, unter ihnen Parteichefin Marine Le Pen.
Der Ausgang der Parlamentswahl kommt einer Umwälzung der französischen Parteienlandschaft gleich - und bedeutet eine Frischzellenkur für die Nationalversammlung. Nur 140 Abgeordnete wurden wiedergewählt, 424 der neuen Abgeordnete hatten noch nie ein Parlamentsmandat inne. Außerdem sitzen künftig 224 Frauen im Parlament und damit mehr als je zuvor.
Viele neue Gesichter
Macrons Partei hatte die Hälfte ihrer Kandidatenposten mit Politik-Neulingen besetzt, um das Versprechen einer politischen Erneuerung einzulösen. Einer der bekanntesten Vertreter der Zivilgesellschaft ist der weltweit angesehene Mathematiker Cedric Villani. Der Träger der Fields-Medaille gewann seinen südlich von Paris gelegenen Wahlkreis.
Mit der komfortablen absoluten Mehrheit im Rücken kann Macron seine Reformpläne umsetzen. Zentrales Vorhaben ist eine Reform des französischen Arbeitsmarkts. Auf EU-Ebene macht sich der erst 39-jährige Präsident unter anderem für eine Vertiefung der Eurozone stark.
(APA/dpa/Reuters)