Albaniens Premier, Edi Rama, kann seine Macht ausbauen

Albaniens Premier, Edi Rama, bleibt der starke Mann des Balkanstaates.
Albaniens Premier, Edi Rama, bleibt der starke Mann des Balkanstaates. (c) REUTERS (STRINGER)
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Die regierende Sozialistische Partei des kleinen Balkanstaates feiert bei den Parlamentswahl den Sieg über die Konservativen.

Tirana. In den letzten Tagen der Wahlkampagne hatte Albaniens Premier, Edi Rama, von der sozialistischen Partei (PS) übelgelaunt und müde gewirkt. Die Anstrengungen des Wahlkampfes waren ihm anzusehen. Doch spätestens am Montag war klar, dass sich die Mühe gelohnt hatte. Nach Vorliegen der Resultate in mehr als der Hälfte der Wahllokale lagen die Sozialisten bei 48 Prozent und konnten sich damit 73 bis 75 Mandate sichern. Ramas Hauptrivale, Lulzim Basha von den Konservativen (PD), ist klar abgeschlagen. Mehr als 71 Mandate im 140-köpfigen albanischen Parlament bedeuten für Rama die absolute Mehrheit, womit er nicht mehr auf den ungeliebten Koalitionspartner, die Sozialistische Bewegung für Integration (LSI) des designierten Staatspräsidenten Ilir Meta, angewiesen ist.

Darauf hatte Premier Rama die vergangenen Wochen hingearbeitet. Am 18. Mai einigte er sich mit seinem konservativen Gegenspieler Basha von der Demokratischen Partei auf eine gemeinsame Übergangsregierung und auf Reformen, um dem Beginn von EU-Aufnahmeverhandlungen einen Schritt näher zu kommen. Doch es gab noch eine zweite Abmachung: Die beiden verständigten sich darauf, dass die beiden Großparteien nicht im Wahlbündnis mit Kleinparteien antreten würden.

Damit war aber die Regierungsbeteiligung der LSI, die noch 2013 im Bündnis mit den Sozialisten angetreten war, gefährdet. Zumindest stimmenmäßig konnte sich die Partei von Meta jedoch behaupten. Die Partei des ehemaligen Sozialisten, der zu Beginn des Jahrtausends auch als Ministerpräsident seines Landes gedient hatte, steht bei etwa 14 Prozent (18 Mandate) und legte damit seit den letzten Wahlen vier Prozentpunkte zu. Die Sitzverteilung, Stand Montag, 15.00 Uhr: Sozialistische Partei (PS) 73 bis 75 Sitze (48 Prozent), Konservative (PD) 43 Sitze (28 Prozent), LSI 18 Sitze (14 Prozent), die nationalistische PDIU vier Sitze und die Sozialdemokratische Partei einen Sitz.

Abkühlung am Skanderbeg-Platz

Mit 44 Prozent war die Wahlbeteiligung erschreckend niedrig. Es war, als ob die drückende Hitze, die an diesem Sonntag über dem Land hing, auch Wahlmüdigkeit zur Folge hat. Erst nach Sonnenuntergang füllte sich der zentrale Skanderbeg-Platz der Hauptstadt, Tirana, mit Menschen, die im Wasser planschten, das aus dem Asphalt quellt, oder sich auf Großbildschirmen die Statements der albanischen Politiker zu den Wahlen anhörten. Die große Hitze und das Bajram-Fest – das muslimische Fastenbrechen, das auf den Wahlsonntag fiel – reichen jedoch nicht als Erklärung.

Vor allem ist eine radikale Reform des Wahlprozederes notwendig: Die Liste, in denen 3,4 Millionen Wähler verzeichnet sind, ist überholt. Viele Menschen leben inzwischen als Gastarbeiter vor allem in den Nachbarländern Griechenland und Italien, Briefwahl ist nicht möglich. Eine Reform des Wahlrechts ist auch eine der Forderungen der EU-Kommission für den Beginn der Beitrittsverhandlungen. Weitere Punkte, die das Land abhaken muss, sind eine Justizreform und die Bekämpfung der Korruption. Genau diese Probleme wollen nun die Großparteien gemeinsam lösen – aber das haben sie schon in der Vergangenheit behauptet.

Zumindest an den Wahlurnen hatten die Konservativen mit ihrer Wahlstrategie keinen Erfolg. Monate hindurch hatte PD-Chef Basha die Wahlen boykottiert und den Abtritt der Regierung Rama gefordert, um faire Wahlen zu garantieren. Das brachte ihm vor allem auch vonseiten der EU Kritik ein: Basha solle sich nicht vom demokratischen Prozess abkoppeln, war der Tenor. Letztlich gab Rama zum Teil nach und holte sechs konservative Minister in Schüsselressorts. Profitiert von dieser Geste hat aber anscheinend nicht Basha, sondern Rama.

OSZE spricht von freien Wahlen

Die Wahlbeobachter der OSZE stellten fest, dass die Wahlen im Großen und Ganzen frei und fair waren, dass die fundamentalen Rechte der Wahlwerbenden garantiert waren. Das ist wichtig für den nächsten Bericht der EU-Kommission über den Beitrittskandidaten Albanien. Doch es wurde auch Kritik geübt. Durch das Abkommen der Großparteien sei indirekt Druck auf kleine Parteien ausgeübt worden, Phänomene aus der Vergangenheit wie Stimmenkauf hätten sich wiederholt. Vor allem die Kader der beiden Koalitionspartner PS und LSI waren am Wahlsonntag häufig aneinandergeraten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2017)

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