Mordfall Nemzow: Gericht spricht alle Angeklagten schuldig

Vier der Angeklagten.
Vier der Angeklagten.
  • Drucken

Über das Strafmaß für die fünf Männer soll Dienstag entschieden werden. Der Kremlkritiker Nemzow war am 27. Februar 2015 nachts auf einer Brücke in der Nähe des Kremls in Moskau erschossen worden.

Mehr als zwei Jahre nach dem Mord an dem russischen Oppositionellen Boris Nemzow hat ein Moskauer Gericht fünf Angeklagte schuldig gesprochen. Über das Strafmaß werde am kommenden Dienstag (4. Juli) beraten, hieß es der Agentur Interfax zufolge am Donnerstag.

Es sei bewiesen, dass die Angeklagten bereits Ende September 2014 die Tat geplant hätten, erklärte der Richter Juri Schitnikow in der Urteilsverkündung. Der Mordauftrag soll von einer Person stammen, nach der international gefahndet werde. Zudem gebe es noch andere Drahtzieher, zu denen die Angeklagten enge Verbindungen gehabt haben sollen. Sie sollen für den Mord rund 15 Millionen Rubel (etwa 230.000 Euro) bekommen haben.

Nemzow, ehemaliger Vizeregierungschef und Kremlkritiker, war am 27. Februar 2015 nachts auf einer Brücke in der Nähe des Kremls in Moskau erschossen worden. Die fünf aus Tschetschenien stammenden Angeklagten hätten die Tat ausgeführt, urteilten die Geschworenen.

Nemzows Familie verdächtigt tschetschenische Führung

Die Anklage hatte dem Todesschützen, einem Ex-Polizisten, sowie dem Fahrer des Fluchtwagens und drei Komplizen einen Auftragsmord vorgeworfen. Nemzows Familie vermutet die Hintermänner in der tschetschenischen Führung.

Der Todesschütze verdiene keine Gnade, urteilten die Geschworenen. Ihm droht deshalb eine lebenslange Haftstrafe. Der Schuldspruch der Geschworenen war nicht einstimmig. Zehn der zwölf Laienrichter hielten ihn für schuldig.

Die Urteilsverkündung war ursprünglich für Dienstag angesetzt gewesen. Die Geschworenen konnten sich jedoch in zwei Sitzungen nicht auf einen Schuldspruch einigen. Nach russischem Strafrecht mussten sie daraufhin über alle 26 Fragen, die ihnen Richter Schitnikow aufgegeben hatte, einzeln abstimmen. Dabei war kein einstimmiges Ergebnis erforderlich.

Gestanden und widerrufen

Die Tschetschenen hatten nach ihrer Festnahme Geständnisse abgelegt, diese im Prozess aber widerrufen. Nemzows Familie kritisierte mehrfach, dass vielen Spuren nicht nachgegangen und den Verbindungen zur tschetschenischen Führung nicht genug Gewicht beigemessen worden seien.

Die Tat hatte 2015 international Schlagzeilen gemacht und weltweit für Bestürzung gesorgt. Präsident Wladimir Putin bezeichnete den Mord damals als politische "Provokation". Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte im Laufe der mehrtägigen Urteilsfindung, dass die Suche nach den Hintermännern noch Jahre andauern könnte.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Nemzow war 2015 getötet worden.
Außenpolitik

Mord an Kremlkritiker Nemzow: Urteil wird heute erwartet

Die Urteilsverkündung war am Dienstagabend verschoben worden, weil die Geschworenen zu keinem einstimmigen Ergebnis gekommen waren. Der Politiker war im Februar 2015 in Moskau erschossen worden.
Der Mord löste internationale Bestürzung aus.
Außenpolitik

Moskau: Prozessbeginn wegen Mord an Kremlgegner Nemzow

Die Anklage geht von einem Auftragsmord aus. Fünf Tatverdächtige aus Tschetschenien wurden angeklagt. Nemzow war 2015 in Nähe des Kremls erschossen worden.
Will das politische Erbe ihres Vaters bewahren: Schanna Nemzowa, Tochter des ermordeten russischen Politikers.
Außenpolitik

Schanna Nemzowa: "Ich bin das Sprachrohr meines Vaters"

Schanna Nemzowa, Tochter des erschossenen russischen Oppositionellen Boris Nemzow, fordert die Vernehmung des tschetschenischen Präsidenten, Ramsan Kadyrow, im Mordprozess. Bisherige Ermittlungen seien ein "Desaster".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.