Trump und das osteuropäische Gegenmodell

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Vor dem G-20-Gipfel besucht der US-Präsident Polen. Bei einem Gipfel wollen sich die Osteuropäer dort unter anderem von den westlichen Staaten der EU unabhängiger machen.

Polen erhofft sich vom Besuch des amerikanischen Präsidenten Donald Trump kurz vor dem G-20-Gipfel in Hamburg eine Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA. Die rechtspopulistische, euroskeptische Regierung appelliert dazu an den Geschäftssinn des als Unternehmer berühmt gewordenen New Yorkers.

Sie will Trump den auf einer Nord-Süd-Achse vom Baltikum bis zum Balkan reichenden Raum der sogenannten Drei-Meere-Initiative als Investitionschance präsentieren. In erster Linie geht es Polen und den anderen Ländern der Region dabei um amerikanische Gaslieferungen. Die sollen die Abhängigkeit von russischen Energieimporten verringern. Kritiker sehen darin aber auch den Versuch, ein Gegengewicht zu den westlichen Staaten der Europäischen Union zu schaffen, mit denen die polnische und andere osteuropäische Regierungen - ebenso wie Trump - bei einer ganzen Reihe von Themen überkreuz liegen.

Trump wurde zu einem Treffen an der von Polen und Kroatien vor einem Jahr ausgerufenen Drei-Meere-Initiative in Warschau eingeladen. Die Mitglieder der Gruppe wollen von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer und zum Mittelmeer Handel, Infrastruktur und Energiebeziehungen ausbauen. Es wird erwartet, dass Trump am Donnerstag in seiner Ansprache die Vorzüge von Erdgaslieferungen aus den USA anpreisen wird. Der Chef des staatlichen polnischen Pipeline-Betreibers GAZ-System, Tomasz Stepien, gibt sich zuversichtlich, dass der Drei-Meere-Gipfel zumindest den sogenannten Gaskorridor von Norden nach Süden voranbringt. "Politische Unterstützung ist für solche Projekte extrem wichtig", sagt der Konzernchef im Gespräch mit Reuters.

Stärkung des Nord-Süd-Korridors

Bis jetzt verliefen die wichtigsten Handelsrouten in der Region eher zwischen Ost und West, was auch die wirtschaftliche Dominanz Deutschlands widerspiegelte. Der Nord-Süd-Korridor soll in den kommenden zwei bis drei Jahren fertig werden. Über ihn soll Gas vom polnischen Ostsee-Terminal Swinemünde an der deutschen Grenze zu einem neuen Erdgas-Terminal in Kroatien gebracht werden. Geplant ist auch eine Pipeline durch Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn nach Kroatien. Polens Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit unterstützt darüber hinaus den Bau der "Via Carpatia", einer 7750 Kilometer langen Schnellstraße zwischen der litauischen Küste und Griechenland.

Der Ausbau von Verbindungen in der Drei-Meere-Region habe hohe Priorität, sagt der Chef des größten polnischen Bahnlogistikkonzerns PKP Cargo, Maciej Libiszewski. Und er fügt hinzu: "Ich denke, dass diese Region auch wichtig für die Amerikaner ist, die hier sicherlich willkommen wären."

(APA/Reuters/Lidia Kelly)

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