19 gegen 1 beim Klimaschutz und ein unerwarteter Kompromiss im Handelsstreit: US-Präsident Donald Trump mischte das Treffen der Wirtschaftsmächte gehörig auf. Gastgeberin Merkel ist dennoch zufrieden.
Mit weiteren Protesten geht der G20-Gipfel in Hamburg am Samstag zu Ende. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich als Gastgeberin zufrieden mit den Beschlüssen des Treffens der großen Industrie- und Schwellenländer gezeigt - obwohl US-Präsident Donald Trump den politischen Reigen völlig durcheinandergewirbelt hatte. Doch was wurde in der am Samstag veröffentlichten Abschlusserklärung überhaupt beschlossen?
Klimaschutz
Bereits vor Eröffnung des Gipfels war klar: Dies würde einer der schwierigsten Punkte werden. Bis zur letzten Minute wurde über eine Einigung verhandelt. Sie bestand darin, die abweichende Haltung der USA in der Abschlusserklärung ausdrücklich zu benennen, nachdem Trump vor einigen Wochen den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen angekündigt hatte. Es gelang in Hamburg, die übrigen 19 Partner weiter hinter der Klimavereinbarung zu versammeln - die USA waren isoliert. Neuer Schwung für die Umsetzung des Pariser Abkommens aber blieb aus.
Zudem wurde eine Passage in die Abschlusserklärung aufgenommen, die ausdrücklich die US-Position zu Wort kommen lässt - einschließlich der Erwähnung fossiler Energieträger. Was dies bedeutet, ist umstritten: Umweltschützer und auch Frankreich fürchten ein Revival von Kohle und Co, andere verteidigten die Formulierungen als "Brücke" für die USA, die womöglich eines Tages sogar zurück ins Klimaabkommen führen könnte.
Merkel rechnet nicht mit einer Rückkehr der USA zur Klimavereinbarung. "Diesen Optimismus teile ich zurzeit nicht", sagte sie in der abschließenden Pressekonferenz. "Hier ist ganz klar geworden, dass wir zu keinem Konsens kommen konnten." Dieser Dissens sei nicht zugekleistert worden.
Handel
Der Durchbruch erfolgte erst in der letzten Gipfelnacht; heraus kam ein klassischer Kompromiss. Es gelang, die Formulierung "Kampf gegen Protektionismus", dass Märkte offen gehalten werden müssen, in die Schlusserklärung zu retten - vor Trump war das allerdings eine Selbstverständlichkeit im Rahmen der G-20. Der US-Präsident behält sich im Gegenzug Schutzmaßnahmen für seine Wirtschaft ganz im Sinne von "America first" ausdrücklich vor. Zugestanden werden den G-20-Ländern nun "handelspolitische Schutzinstrumente". In Verhandlungskreisen wurde eingeräumt, dass die verschiedenen Länder die Begriffe womöglich ganz unterschiedlich verstehen.
Kampf gegen den Terror
Das Thema wurde in Hamburg zuerst aufgerufen - auch weil es das unstrittigste war. Die G-20-Staaten vereinbarten, gemeinsam verstärkt gegen Terrorfinanzierung und Propaganda im Internet vorzugehen und Verdächtigen Kommunikationswege zu verbauen. Der Kampf gegen die Geldwäsche von Terroristen oder für einen besseren Informationsaustausch der Ermittler ist allerdings nicht neu - die konkrete Umsetzung erfolgt oft schleppend.
Flüchtlinge
Gemeinsam gegen die Flüchtlingskrise - das war ein dringender Wunsch der Europäer beim G-20-Gipfel. Gelungen ist zumindest eine Einigung im Kampf gegen Schleuser und Menschenhändler. Dazu werden "Maßnahmen" angekündigt, die aber vage bleiben. Die insbesondere von der EU verfolgte Idee, dabei die UNO einzubinden, scheitert. UN-Sanktionen wie Reiseverbote und Vermögenssperren gegen Schleuser und Menschenhändler soll es wegen des Widerstands von Russland und China nicht geben.
Zum Thema Afrika sagte Merkel am Samstag, dass die jahrelang praktizierte klassische Entwicklungshilfe den Kontinent nicht weiterbringe. Vielmehr müssten Bedingungen erfüllt werden, damit sich die Wirtschaft engagiert, wie etwa Transparenz und Rechtssicherheit. Der G20-Gipfel sei sich hier einig, es habe sich in Hamburg aber nicht um eine Geberkonferenz gehandelt.
Syrien
Eine Waffenruhe für Teile Syriens - diese gute Nachricht kam ebenfalls vom Gipfel. Verkündet wurde sie nach dem ersten direkten Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Staatschef Wladimir Putin. Ausgehandelt wurde die Vereinbarung allerdings nicht in Hamburg, sondern von Unterhändlern in Jordanien. Beginnen soll die Waffenruhe am Sonntag. Ob und wie lange sie hält, ist offen. Es ist nicht die erste derartige Vereinbarung für das kriegserschütterte Syrien.
Ukraine
Auf Chefebene wurde am Rande des G-20 über die Ukraine-Krise beraten. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron und der russische Präsident Wladimir Putin trafen sich zu einem Gespräch. Der ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko war nicht dabei - sein Land ist nicht Teil der G-20. Konkret beschlossen wurde nichts. Diplomaten hofften aber, dass das sogenannte Normandie-Format nach dem Präsidentenwechsel in Frankreich nun wieder in Gang kommt und von US-Präsident Trump unterstützt wird.
(APA/dpa/AFP)