"Unser Kampf ist digital": Vermeintliche Maduro-Gegner hacken venezolanische Regierungsseiten

REUTERS/Ueslei Marcelino
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Unterstützer einer bewaffneten Rebellengruppe stellen einen Auszug von Charlie Chaplins "Der große Diktator" auf etliche Webseiten. Anhänger des Präsidenten stürmen das Parlament in Caracas.

Dutzende Websites vor allem von Behörden sind in Venezuela Ziel einer Cyberattacke geworden. Ein Hacker-Kollektiv namens "The Binary Guardians" (etwa: Die Binären Wächter) griff am Montag unter anderem die Online-Auftritte der Regierung, des Obersten Gerichtshofs und der Wahlkommission an.

Aber auch private Firmen wie die Telekomfirma Digital waren betroffen. Mit ihrer Aktion wollten die Hacker eine bewaffnete Gruppe unterstützen, die einen Armeestützpunkt angegriffen hatte.

Etwa 20 Männer in Uniform hatten am Sonntag den Paramacay-Stützpunkt nahe der Stadt Valencia angegriffen. Zehn Angreifer waren nach Angaben der Regierung nach dreistündigen Kämpfen geflohen, nach ihnen lief am Montag eine "intensive Suche". Während Staatschef Nicolas Maduro ausländische Mächte für die Attacke verantwortlich machte, sprachen die Angreifer von einer "rechtmäßigen Rebellion" der Streitkräfte.

Soldaten unterstützen Sturm des Parlaments

Die Hacker-Gruppe zeigte im Kurzbotschaftendienst Twitter, was sie auf die gehackten Websites gestellt hatte: eine Erklärung, in der die Attacke auf die Militärbasis unterstützt wurde, ferner ein Auszug aus Charlie Chaplins Film "Der große Diktator". "Unser Kampf ist digital", erklärten die Hacker. Sie riefen zugleich Regierungskritiker zu neuen Demonstrationen auf, um "unsere tapferen Soldaten" zu unterstützen.

Auch Maduros Unterstützer machten am Montagabend mobil: Mitglieder der präsidententreuen Verfassungsversammlung stürmten das Parlament in der venezolanischen Hauptstadt Caracas, das von der Opposition kontrolliert wird.

Die Volksversammlung tagt im selben Gebäude wie die Verfassungsgebende Versammlung, die nach dem Willen von Präsident Nicolas Maduro gleichsam das Parlament ersetzen soll. Zu den Eindringlingen zählte nach Oppositionsangaben die Vorsitzende der Verfassungsgebenden Versammlung, die frühere Außenministerin Delcy Rodriguez. Unterstützt wurde die Gruppe von Soldaten.

USA erwägt Verschärfung der Sanktionen

Das ölreiche südamerikanische Land wird seit Monaten von politischen Unruhen, bei der seit Anfang April mindestens 125 Menschen getötet wurden, und einem erbitterten Machtkampf zwischen Regierungslager und Opposition erschüttert. Die Einsetzung der Verfassungsgebenden Versammlung war ein neuer Höhepunkt der Konfrontation. Die Mitglieder des neuen Gremiums sollen die Verfassung novellieren, die 1999 unter Maduros Vorgänger, dem 2013 gestorbenen Hugo Chavez, in einem Volksentscheid verabschiedet worden war.

Wegen seinem Festhalten an der Verfassungsversammlung trotz internationaler Mahnungen planen die USA nun eine Verschärfung der Sanktionen gegen Venezuela. Es würden neue Strafmaßnahmen gegen mehrere ranghohe Personen aus dem Umfeld von Präsident Nicolas Maduro vorbereitet, die noch in dieser Woche verkündet werden könnten, sagten die Insider am Montag.

US-Amerikanern sollten Geschäfte mit den betroffenen Personen verboten, ihre Vermögen in den USA sollten eingefroren und ihnen Reisen in die Vereinigten Staaten verboten werden. Sanktionen gegen den Ölsektor des OPEC-Staates werde es wohl noch nicht geben, um sich noch Spielraum für weitere Schritte vorzubehalten.

Kritiker werfen Maduro vor, Macht zementieren zu wollen

Die USA hatten bereits kurz vor der Wahl der Verfassungsgebenden Versammlung Ende Juli Sanktionen gegen 13 Venezolaner verhängt. Kurz nach der Wahl folgten Anfang August direkte Strafmaßnahmen gegen Maduro. Die USA, die venezolanische Opposition sowie mehrere südamerikanische Staaten werfen Maduro vor, mit dem Gremium seine Macht zementieren und eine Diktatur errichten zu wollen.

Schon mit ihren ersten Beschlüssen nährte die Versammlung solche Befürchtungen, als sie am Samstag mit Generalstaatsanwältin Luisa Ortega eine scharfe Kritikerin Maduros entmachtete. Ihr soll der Prozess gemacht werden. Seit April kommt es immer wieder zu Massenprotesten gegen Maduro.

(APA/AFP/Reuters)

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