Barcelona-Terror: Jagd nach Attentäter auf Europa ausgedehnt

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Die Polizei ist sich nun sicher: Ein 22-jähriger Marokkaner ist für den Tod von 14 Menschen in Barcelona verantwortlich. Auf seiner Flucht stahl er ein Auto und erstach den Fahrer.

Vier Tage nach dem Attentat von Barcelona ist die Suche nach dem Fahrer des Anschlagsfahrzeugs auf Europa ausgedehnt worden. Es sei nicht davon auszugehen, dass sich die Person noch in Katalonien aufhalte, sagte ein Vertreter der katalanischen Regierung am Montag. Die Polizei teilte mit, dass sie den Fahrer identifiziert habe, ohne allerdings einen Namen zu nennen.

Der katalanische Innenminister Joaquim Forn sagte jedoch Radio Cataluna, alles deute darauf hin, dass es sich um den 22-jährigen Marokkaner Younes Abouyaaquoub handelte.

Es gebe zwar keine Indizien dafür, dass der Fahrer des Lieferwagens die spanische Region Katalonien verlassen habe, sagte der katalanische Innenminister Joaquim Forn dem Sender am Montag. Man werde sich aber mit den europäischen Polizeieinheiten koordinieren, "da er (der Attentäter) in allen europäischen Ländern gesucht wird", so Forn.

Opferzahl steigt auf 15

Bereits am Sonntag wollte der katalonische Polizeichef Josep Lluis Trapero nicht ausschließen, dass sich der Gesuchte ins Nachbarland Frankreich abgesetzt hat. Bei den Anschlag am Donnerstag auf Barcelonas berühmtem Boulevard La Rambla wurden 13 Menschen getötet und über 120 weitere verletzt. Der Täter flüchtete anschließend zu Fuß. Nach seiner Terrorfahrt stahl Abouyaaquoub ein Auto und erstach den Fahrer, einen 34-jährigen Spanier. Stunden später kam bei einem weiteren Anschlag mit einem Auto im Badeort Cambrils eine Passantin ums Leben. Die Opferzahl der Attentate steigt damit auf 15.

Aqbouch Abouyaaqoub, Großvater des Hauptverdächtigen, Younes Abouyaaqoub, entschuldigte sich gegenüber dem "El Pais" für die Tat seines Enkels: Diese habe "nichts mit der marokkanischen Kultur oder Tradition zu tun". Er betonte, dass seine Enkel das Land in sehr jungem Alter verlassen und dort ihre Ausbildung gemacht hätten.

Die Behörden gehen davon aus, dass die Attacken in Barcelona und Cambrils von einer islamistischen Terrorzelle mit zwölf Mitgliedern verübt wurden. Fünf davon wurden in Cambrils erschossen, vier kurz nach der Tat festgenommen - sie sollen voraussichtlich am Dienstag dem zuständigen Ermittlungsrichter in Madrid vorgeführt und verhört werden. Nach drei weiteren werde gefahndet, sagte Trapero. Allerdings seien zwei von ihnen "mit größter Wahrscheinlichkeit tot" - denn nach einer Explosion am Mittwoch seien in den Trümmern eines Hauses in Alcanar die Überreste von mindestens zwei Menschen gefunden worden.

Imam bei Explosion in Alcanar gestorben

Das in Cambrils genutzte Auto ist laut einem Medienbericht weniger als eine Woche zuvor im Pariser Großraum von einem Verkehrsradar geblitzt worden. Der schwarze Audi A3 sei zu schnell gefahren, berichtete die Regionalzeitung "Le Parisien" am Montag auf ihrer Internetseite. Die Pariser Polizei teilte auf Anfrage mit, ihr lägen dazu keine Informationen vor. Auch die Pariser Staatsanwaltschaft äußerte sich nicht und verwies auf die Terrorermittlungen in Spanien.

Zudem untersuchen die Ermittler verstärkt die Rolle des Imams Abdelkadi Es Satty. Er wurde bei einer Explosion eines Hauses in Alcanar getötet, bestätigte der katalanische Polizeichef am Montag. In dem Haus hortete die Terrorzelle laut Polizei mindestens 120 Gasflaschen - offenbar waren damit noch weitaus verheerendere Anschläge, unter anderem auf die Kathedrale Sagrada Familia, eines der Wahrzeichen von Barcelona - geplant. Durch die Explosion in der Nacht auf Donnerstag wurden die ursprünglichen Anschlagspläne offenbar durchkreuzt.

Imam soll Attentäter radikalisiert haben

Der Imam sei in den vergangenen zwei Jahren nach Belgien sowie nach Marokko und Frankreich gereist, berichtete die spanische Zeitung "El Pais" am Montag unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen. Insbesondere werde ein Aufenthalt Es Sattys 2016 in der belgischen Gemeinde Machelen untersucht, hieß es in spanischen Medien. Laut "El Pais" stand der Imam möglicherweise auch in Kontakt mit einem Anführer der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS).

Es Satty wird verdächtigt, die jungen Männer hinter den Anschlägen von Barcelona und Cambrils radikalisiert zu haben. Er wohnte in der Kleinstadt Ripoll in Katalonien. Von dort und von dem Ort Alcanar aus soll die zwölfköpfige Terrorzelle aus agiert haben. Ein Einwohner Ripolls sagte, seit der Imam Es Satty vor zwei Jahren in den Ort gekommen sei, habe es dort einen "Wandel" gegeben.

Wie die spanische Zeitung "El Mundo" berichtete, konnte die Terrorzelle bereits in den vergangenen sechs Monaten ungestört an der Vorbereitung der Anschläge arbeiten. Der katalanische Polizeichef Josep Lluis Trapero bestätigte, dass es im Zusammenhang mit dem Haus in Alcanar, in dem die Männer die Taten vorbereiteten, keine "merkwürdigen" Vorfälle gegeben habe, die Polizei deshalb auch nicht aktiv wurde.

(APA/AFP/dpa)

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