USA/Russland: Gefangen in einer Abwärtsspirale

Der nächste Schritt auf der Eskalationsleiter: Die Vereinigten Staaten lassen das russische Konsulat in San Francisco (das rote Gebäude rechts) schließen.
Der nächste Schritt auf der Eskalationsleiter: Die Vereinigten Staaten lassen das russische Konsulat in San Francisco (das rote Gebäude rechts) schließen.(c) APA/AFP/GETTY IMAGES/JUSTIN SULLIVAN (JUSTIN SULLIVAN)
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Mit gegenseitigen Vergeltungsmaßnahmen verschlechtern die Supermächte ihre Beziehungen zusehends. Dabei wären beide Seiten immer noch um einen Neuanfang bemüht.

Washington. Jeder wusste, dass es geschehen würde, nur Ort und Zeit waren unklar. Seit Wladimir Putin die USA im Juli aufgefordert hatte, die Zahl ihrer diplomatischen Vertreter in Russland um 755 Personen zu reduzieren, arbeitete das US-Außenamt an einer Antwort. Jetzt ordnete Washington die Schließung des russischen Konsulats in San Francisco und zwei weiterer diplomatisch genutzter Gebäude in Washington und New York an.

Das entspreche dem Prinzip der Parität, auf das Russland so viel Wert lege, erklärte die US-Regierung. Moskau hat eine Reaktion angekündigt – während hinter den Kulissen die Bemühungen anlaufen, die Spirale zu stoppen, bevor größerer Schaden entsteht.

Angefangen hatte alles mit der Schließung von zwei Gebäuden der Russen in den USA durch die scheidende Obama-Regierung im vergangenen Dezember. Barack Obama reagierte damit auf die mutmaßlichen Versuche der Russen, die US-Präsidentenwahl zu beeinflussen und Donald Trump zum Sieg zu verhelfen. Der US-Senat legte inzwischen mit neuen Russland-Sanktionen nach, die Putins Rauswurf der US-Diplomaten auslöste. Nun ist die Schließung des russischen Konsulats durch die USA gefolgt – was wiederum die Russen zum Nachdenken über geeignete Gegenmaßnahmen anregt.

Das diplomatische Spektakel hat eine Eigendynamik entwickelt, die sich nicht unbedingt mit den Interessen der beiden Länder deckt. Die USA und Russland brauchen ein Mindestmaß an Zusammenarbeit im Syrien-Konflikt und bei den Bemühungen um ein Ende der Kämpfe in der Ukraine. Auch in der Korea-Krise wäre eine Kooperation der beiden Länder von Nutzen. Westliche Politiker wünschen sich mehr Druck von Moskau auf die Regierung des nordkoreanischen Machthabers, Kim Jong-un, der mit seinen Atomraketen auch russisches Gebiet treffen könnte.

Breakdance statt Tango

Doch die Innenpolitik funkt dazwischen. In Russland bereitet sich Putin auf die Präsidentenwahl im März 2018 vor und will deshalb jeden Eindruck der Schwäche gegenüber den USA vermeiden. Allgemein wird erwartet, dass Moskau nach dem jüngsten Rüffel aus Washington neue Maßnahmen gegen US-Diplomaten verkünden wird. Außenminister Sergej Lawrow machte Obama für die Spannungen verantwortlich und zeigte sich offen für eine „konstruktive Zusammenarbeit. „Aber es gehören immer zwei zum Tangotanzen, und bisher führt unser Partner wieder und wieder einen Solobreakdance auf.“ So kündiget Lawrow am Freitag eine „harsche“ Reaktion an. Die Schließung eines US-Konsulats in Russland zählt zu den Optionen. Danach solle dann aber bitte Schluss sein mit dem Hin und Her, sagte Dmitry Suslow vom Valdai International Discussion Club in Moskau der „Washington Post“.

Aber auch in Amerika spielen innenpolitische Faktoren eine große Rolle. Trump würde gern den Streit mit Russland beilegen – seine Regierung bemühte sich laut Medienberichten in den vergangenen Monaten bereits um die Rückgabe der im Dezember geschlossenen Gebäude an die Russen. Mehrmals hat Trump seinen Respekt für Putin betont und die Vorteile einer engen russisch-amerikanischen Zusammenarbeit etwa beim Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) unterstrichen. Die neuen Russland-Sanktionen, die im Senat beinahe einstimmig beschlossen worden waren, setzte er nur widerwillig in Kraft. Trumps Motive für diese Haltung werden kritisch hinterfragt: Der US-Präsident steht selbst bei seiner eigenen republikanischen Partei im Verdacht, bei der Wahl im vergangenen Jahr mit den Russen gemauschelt zu haben.

Tillerson trifft Lawrow

Eine weitere Eskalation im Streit mit Russland wollen Trump und die Traditionalisten im Außenministerium aber gleichermaßen vermeiden. Präsidentensprecherin Sarah Huckabee Sanders betonte, Washington sondiere Möglichkeiten, „die Abwärtsspirale“ in den Beziehungen zu Moskau aufzuhalten. Aus dem US-Außenamt verlautete, Minister Rex Tillerson wolle sich Mitte September am Rande der UN-Vollversammlung in New York mit Lawrow treffen. Ein Telefonat der beiden Minister sei sehr professionell verlaufen: Beide Seiten wollten die Beziehungen verbessern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2017)

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