Nordkorea bringt Erde mit Wasserstoffbombe zum Beben

Kim Jong-un und Donald Trump.
Kim Jong-un und Donald Trump.APA/AFP/SAUL LOEB/ED JONES
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Kim Jong-un provoziert weiter. Eine heftige Erderschütterung zeugt von der großen Explosionskraft der Atomwaffe. US-Präsident Trump ortet eine "große Bedrohung" für die USA.

Mit seinem bisher stärksten Atombombentest hat Nordkorea die internationalen Spannungen um sein Nuklearprogramm gefährlich angeheizt. Das Staatsfernsehen meldete am Sonntag die "erfolgreiche" Zündung einer Wasserstoffbombe, die eine "beispiellose Kraft" entfaltet habe. Die Detonation ließ die Erde im Umkreis von Hunderten Kilometern beben. US-Präsident Donald Trump nannte das Vorgehen Pjöngjangs "sehr feindlich und gefährlich" für die USA.

Nordkorea gab an, mit dieser Bombe auch eine Langstreckenrakete bestücken zu können. Den Test wertete Pjöngjang als "absoluten Erfolg". Die Zündung sei ein "sehr bedeutsamer Schritt beim Erreichen des Ziels, die staatliche Nuklearmacht zu vervollständigen", sagte die Nachrichtensprecherin des nordkoreanischen Staatsfernsehens. Das Fernsehen zeigte einen handgeschriebenen Befehl von Machthaber Kim Jong-un zur Zündung der Bombe am Mittag des 3. September nordkoreanischer Zeit.

"Außerordentliche Explosionskraft"

Bereits wenige Stunden vor der Explosion erklärte Nordkorea, eine Wasserstoffbombe entwickelt zu haben, mit der Interkontinentalraketen bestückt werden könnten. Kim habe im Institut für Atomwaffen eine solche Bombe inspiziert, meldete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA. Es handle sich um eine "thermonukleare Waffe mit einer außerordentlichen Explosionskraft, geschaffen durch unsere eigenen Anstrengungen und eigene Technologie", zitierte KCNA den Machthaber.

Auf den Test aufmerksam wurde das Ausland zunächst durch ein starkes Erdbeben, das durch die Zündung verursacht wurde: Erdbebenwarten in Südkorea, Japan, China und den USA meldeten ungewöhnliche Stoßwellen, die vom Bereich des nordkoreanischen Atomwaffentest-Geländes Punggye-ri ausgingen. Das Beben hatte demnach die Stärke 6,3. Nach südkoreanischen Angaben war dies fünf bis sechs Mal stärker als beim letzten Atomwaffentest vor einem Jahr, der bis dahin als der stärkste gegolten hatte.

Die Suche nach der Strafe

International wurde der Test scharf verurteilt. Der südkoreanische Staatschef Moon-jae In forderte die "schärfste Bestrafung" Pjöngjangs. Der UNO-Sicherheitsrat müsse weitere Sanktionen verhängen, um Nordkorea "vollständig zu isolieren". Moon kündigte auf einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats an, mit dem Verbündeten USA über die Entsendung der "stärksten strategischen Potenziale des US-Militärs" zu sprechen.

Das chinesische Außenministerium erklärte seine "entschiedene Ablehnung und scharfe Verurteilung" des nordkoreanischen Vorgehens. Peking hatte bereits im vergangenen Monat den neuen scharfen Strafmaßnahmen des UNO-Sicherheitsrats zugestimmt. An seiner Grenze mit Nordkorea ließ China die Radioaktivität messen.

Trump: "Peinlichkeit für China"

Trump twitterte, Pjöngjang sei eine "große Bedrohung und Peinlichkeit" auch für China, "das versucht zu helfen, aber mit wenig Erfolg". Eine Politik der Befriedung mit Nordkorea "funktioniert nicht". Die USA bereiten nun neue bilaterale Sanktionen gegen das stalinistisch regierte Land vor. "Wer mit Nordkorea Geschäfte macht, wird keine mit uns machen können", sagte US-Finanzminister Steven Mnuchin am Sonntag dem Fernsehsender Fox News. Er werde seine Vorschläge US-Präsident Donald Trump vorlegen. Trump werde noch am Sonntag mit dem Nationalen Sicherheitsrat zusammenkommen, teilte das Weiße Haus mit.

Die japanische Regierung legte scharfen Protest bei der nordkoreanischen Botschaft in Peking ein. Das russische Außenministerium warf Nordkorea eine "demonstrative Missachtung" der Vorgaben des UN-Sicherheitsrats vor.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron forderten eine Verschärfung der EU-Sanktionen. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte als amtierender OSZE-Vorsitzender, Nordkorea müsse aufhören, seine Fähigkeiten im Bereich Raketen und Atomkapazitäten zu erweitern; es müsse an den Verhandlungstisch zurückkehren.

Wasserstoffbombe glaubhaft

Bereits im Jänner 2016 hatte Pjöngjang erklärt, erstmals eine Wasserstoffbombe erfolgreich getestet zu haben. Damals bezweifelten Experten allerdings, dass es sich bei dem Atomtest tatsächlich um eine Wasserstoffbombe gehandelt habe. Solche Bomben sind technisch außerordentlich kompliziert herzustellen und potenziell besonders verheerende Nuklearwaffen, da sie eine weit stärkere Explosionskraft haben als herkömmliche Atombomben.

Eine Bestätigung, dass es sich bei dem nunmehrigen Test tatsächlich um die Detonation einer Wasserstoffbombe gehandelt hat, gab es auch diesmal zunächst nicht. Experten in mehreren Ländern hielten dies angesichts der Stärke der Erschütterung von 6,3 aber für wahrscheinlich. Auch die Regierung Japans erklärte, eine Wasserstoffbombe als Sprengsatz könne nicht ausgeschlossen werden. Ein US-Regierungsexperte für Nordkorea sagte, man könne die Behauptung Nordkoreas noch nicht bestätigen, dass es jetzt eine Wasserstoffbombe entwickelt habe, die auf einer ICBM eingesetzt werden könne und mit der auch ein Wiedereintritt in die Erdatmosphäre gelinge, ohne dass sie verglühe.

Die Umweltbehörden in China konnten zunächst keine auffällige radioaktive Strahlung messen. Wie das Umweltministerium in Peking mitteilte, wurde erstmals ein neuer Krisenmechanismus zur Überwachung der Radioaktivität in den drei Nordkorea am nächsten gelegenen Provinzen Nordostchinas (Liaoning, Jilin und Heilongjiang) sowie der gegenüber Südkorea liegenden Provinz Shandong aktiviert. Die Messergebnisse seien "normal". Auch der Vorbereitenden Kommission zur Schaffung UNO-Organisation zur Überwachung des internationalen Kernwaffen-Teststopp-Abkommens (CTBTO) in Wien galt der Zwischenfall offiziell nach wie vor als "ungewöhnliches seismisches Ereignis". Dieses sei jedoch deutlich stärker gewesen als der letzte Nukleartest Nordkoreas im vergangenen Jahr.

Immer wieder Provokation

Nordkorea hatte im Juli zwei Interkontinentalraketen getestet, die mehr als 10.000 Kilometer fliegen und damit ganz Asien und weite Teile des US-Festlands erreichen könnten. Das Land unternimmt große Anstrengungen, Atomwaffen zu entwickeln, die mit solchen Raketen verschossen werden können. Ziel ist offenbar, die Bomben dafür zu verkleinern. So könnten sie auch die USA erreichen. Der Direktor des russischen Instituts für Weltraumpolitik, Iwan Moissejew, schätzt, dass Pjöngjang noch gut fünf Jahre für den Bau einer einsatzfähigen Atombombe braucht. Nordkoreanische Ingenieure hätten die Technik zwar weiterentwickelt. "Aber Sprengköpfe und Raketen zu vereinen, ist keine einfache Aufgabe", sagte er der Agentur Interfax.

(Ag./Red)

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