UN-Sicherheitsrat dreht Nordkorea das Öl nur halb ab

Im Atomkonflikt mit Nordkorea verhängt der UN-Sicherheitsrat neue Sanktionen gegen Nordkorea
Im Atomkonflikt mit Nordkorea verhängt der UN-Sicherheitsrat neue Sanktionen gegen NordkoreaAFP (JUNG YEON-JE)
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US-Präsident Donald Trump konnte seine Forderung, Nordkorea das Öl abzudrehen, nicht durchsetzen. Das Land verliert durch eine neue Resolution des US-Sicherheitsrats 55 Prozent seines Öls. Die Vetomächte Russland und China unterstützten das abgeschwächte Paket.

Im Atomkonflikt mit Nordkorea verhängt der UN-Sicherheitsrat neue Sanktionen gegen Nordkorea. Die Öllieferungen an das kommunistisch regierte Land sollen demnach beschränkt werden. Der für Nordkorea wichtigen Textilindustrie sollen weiter Exporte verboten werden. Der Rat stimmte am Montag einstimmig für den gemäßigten Resolutionsentwurf.

Die Vetomächte Russland und China unterstützten das abgeschwächte Paket. Als Reaktion auf den sechsten und bisher stärksten Atomtest Nordkoreas vom 3. September hatten die USA eine weitere Verschärfung der Strafmaßnahmen gegen das kommunistische Land gefordert. Zwar war der Atomtest, bei dem nach nordkoreanischer Darstellung eine Wasserstoffbombe gezündet wurde, weltweit verurteilt worden. Nordkoreas einzig verbliebenen Verbündeten China und Russland gingen die ursprünglichen US-Vorschläge aber zu weit. Dies galt vor allem für ein umfassendes Ölembargo.

Kurz vor der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über die neuen Sanktionen hatte das isolierte Land den USA erneut gedroht. Die Vereinigten Staaten würden wegen ihres Eintretens für schärfere Strafmaßnahmen einen "gebührenden Preis" zahlen, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur KCNA einen Sprecher des Außenministeriums.

Resolutionen bisher wirkungslos

Der Sicherheitsrat beschränkte Öllieferungen an das kommunistisch regierte Land auf zwei Millionen Barrel pro Jahr. Die entsprechende Resolution deckelt zudem die Rohöl-Lieferungen bei ihren derzeitigen Liefermengen und verbietet Lieferungen von Erdgas ganz. Der für Nordkorea wichtigen Textilindustrie sollen weiter Exporte verboten werden. Mit einer härteren Resolution, die ein komplettes Ölembargo und direkte Finanzsanktionen gegen Machthaber Kim Jong-un vorgesehen hatte, konnten sich die USA in Verhandlungen mit China und Russland nicht durchsetzen.

Es ist bereits die neunte UNO-Resolution im Zusammenhang mit Nordkoreas Atom- und Raketentests seit dem Jahr 2006. Wirkung gezeigt hat bisher keine von ihnen - Pjöngjang setzte seine Tests und sein Atomprogramm trotz aller Warnungen bisher fort. Nordkorea hatte vor gut einer Woche nach eigenen Angaben eine Wasserstoffbombe getestet, mit der Interkontinentalraketen bestückt werden sollen.

Nordkorea erhält nach US-Angaben jährlich rund 8,5 Millionen Barrel Öl aus dem Ausland, knapp die Hälfte davon in Form von Rohöl und die andere Hälfte in Form von Mineralölerzeugnissen wie Benzin, Diesel und Schweröl. Die Grenzen für Öllieferungen gelten ab dem 1. Oktober. Bis Ende des Jahres dürfen nur 500.000 Barrel Öl an Nordkorea geliefert werden, ab 1. Jänner 2018 dann nur zwei Millionen Barrel jährlich. Das zuvor diskutierte, vollständige Ölembargo galt als umstritten, weil es die nordkoreanische Bevölkerung schwer treffen würde.

Ohne Öl keine Atombombe

Öl sei das "Lebenselixier" Nordkoreas im Bestreben, Atombomben zu bauen, sagte die UNO-Botschafterin der USA, Nikki Haley, nach der Abstimmung. Nordkorea verliere durch die Resolution 55 Prozent seines Öls. Die USA hatten zudem gefordert, alle ausländischen Vermögenswerte des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un und drei weiterer ranghoher Parteimitglieder einzufrieren. Diese in einem vorigen Entwurf enthaltenen Passagen wurden aus der am Montag verabschiedeten Resolution aber gestrichen. Auch ursprünglich angedachte Sanktionen gegen die staatliche Fluggesellschaft Air Koryo, die Koreanische Volksarmee und das Verteidigungsministerium wurden gestrichen.

Vor dem Ausfuhrverbot auf Textilien galten bereits Verbote auf Kohle, Eisen und andere Rohstoffe. Nach US-Angaben werden damit mehr als 90 Prozent der öffentlich deklarierten Exporte Nordkoreas untersagt. Zudem dürfen andere Länder keine neuen Arbeitsgenehmigungen für Nordkoreaner mehr ausstellen, die Geld für ihren Heimatstaat verdienen. Das 25 Millionen Einwohner zählende Land hat UNO-Angaben zufolge rund 50.000 Zwangsarbeiter ins Ausland geschickt, wodurch es jedes Jahr Einnahmen von bis zu 2,3 Milliarden Dollar erzielt.

Japan mit "starker Resolution" zufrieden

Japan hat die vom UN-Sicherheitsrat gegen Nordkorea verhängten neuen Sanktionen begrüßt. Er schätze es hoch ein, dass der Sicherheitsrat diese "starke Resolution" einstimmig und schnell beschlossen habe, sagte der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe am Dienstag in einer Stellungnahme.

Die Resolution des höchsten UN-Gremiums demonstriere die Entschlossenheit der Staatengemeinschaft, Nordkoreas Entwicklung von Atomwaffen nicht zu tolerieren, hieß es am Dienstag in einer Erklärung des Außenministeriums in Seoul. Südkorea begrüße die Resolution, sie sei eine "ernste Warnung an Nordkorea, weil es durch seine rücksichtslosen Provokationen nur seine diplomatische Isolation und den wirtschaftlichen Druck" vergrößere.

China für neue Verhandlungen

Das Ziel der neuen Sanktionen des UN-Sicherheitsrates gegen Pjöngjang muss aus chinesischer Sicht eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über das nordkoreanische Atomprogramm sein. Strafmaßnahmen allein könnten das Problem nicht lösen, hieß es am Dienstag in einem Kommentar von Chinas amtlicher Nachrichtenagentur Xinhua.

Die Chancen, dass Nordkorea nach den jüngsten Sanktionen nachgebe, seien "tragisch niedrig", während die Aussichten auf neue Atomversuche und Raketenstarts "hoffnungslos hoch" seien.

Es sei an der Zeit, dass einige Länder, besonders Washington, einen "realistischeren und umfassenderen Ansatz" ergreifen. Das Weiße Haus sei von "strategischer Geduld" unter Präsident Barack Obama zu "strategischer Erdrosselung" mit wachsendem Druck gewechselt. Indem diplomatisches Engagement abgelehnt werden, wiederhole die Regierung von Donald Trump einen "Fehler", der von einem US-Präsidenten zum anderen weitervererbt worden sei, hieß es weiter.

Der Mangel an Vertrauen mache eine Wiederaufnahme der Verhandlungen sehr schwierig. Die USA sendeten "widersprüchliche Signale", hieß es in dem Kommentar. Außenminister Rex Tillerson versichere, dass die USA keinen Regimewechsel anstrebten, und betone friedlichen Druck, während Trump einen Militärschlag andeute. Das Spiel "Guter Bulle, böser Bulle" sei kontraproduktiv. Die USA sollten von der Politik der Isolation zum Dialog umschwenken. Jeder weitere Druck, den Nordkorea nicht aushalten könne, könnte zu einer atomaren Katastrophe führen.

(APA/AFP/dpa)

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