Norwegen: Der überraschende Triumph der „Eisernen Erna“

Ministerpräsidentin Erna Solberg.
Ministerpräsidentin Erna Solberg.(c) APA/AFP/NTB Scanpix/HAAKON MOSVO
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Trotz eines schwierigen Starts ist Ministerpräsidentin Erna Solberg die Wiederwahl gelungen. Das hat seit 1985 kein bürgerlicher Regierunschef geschafft. Zu ihren Verdiensten zählt, die Rechtspopulisten gezähmt zu haben.

Oslo/Stockholm. Vor wenigen Monaten hätte kaum jemand daran geglaubt, am Ende aber triumphierte sie doch: Bei den Wahlen zum norwegischen Parlament konnte die amtierende Ministerpräsidentin Erna Solberg (56) von der bürgerlichen „Høyre“-Partei einen knappen Wahlsieg erringen.

Über Monate hatte die rotgrüne Opposition die Umfragen angeführt, letztlich erhielt sie auch rund 7000 Stimmen mehr als Solbergs rechtes Vierparteienbündnis. Doch aufgrund der komplizierten Mandatsverteilung, bei der Stimmen aus dünn besiedelten ländlichen Regionen teils stärker gewichtet werden, konnte Solbergs Rechtsblock mit der mitregierenden rechtspopulistischen Fortschrittspartei (FRP), den Christdemokraten und der liberalen Venstre-Partei mit 89 Mandaten eine komfortablen Mehrheit gegenüber dem linken Block mit seinen 80 Mandaten einfahren. Die Christdemokraten und die Venstre hatten die Regierung bisher geduldet.

Die Krisenmanagerin

Es ist das erste Mal seit 1985, dass eine Rechtsregierung im traditionell sozialdemokratisch geprägten Norwegen wiedergewählt wird. Solberg hatte es vor vier Jahren zudem gewagt, erstmals die umstrittene rechtspopulistische FRP an den Kabinettstisch zu holen.

„Das hier ist ein Fleißsieg und Teamarbeit“, sagte Solberg bei ihrer Siegesrede in der Nacht zum Dienstag. Gleichzeitig aber stellte sie die Bürger auf die Folgen der sinkenden Öleinnahmen ein. „Vor uns liegen Herausforderungen.“ Wegen der sinkenden Ölpreise 2014 musste die Ölindustrie in Solbergs Amtszeit 50.000 Menschen entlassen. Das dank seiner enormen Ölreserven reichste Land Europas sah sich erstmals in den Anfängen einer Wirtschaftskrise.

Davon hatte der sozialdemokratische Spitzenkandidat Jonas Gahr Störe zunächst profitiert. Doch die Lage verbesserte sich wieder, die Arbeitslosigkeit sank. Norwegen hat für die Zeit nach dem Öl einen Öl-Fonds zusammengespart, der derzeit 825 Milliarden Euro wert ist. Damit konnte Solberg, die erstmals etwas mehr Geld aus dem Fonds nahm, Steuern senken und die Arbeitsmarkt- und Infrastrukturpolitik verbessern. Solberg und ihre FRP-Finanzministerin Siv Jensen hätten das Land gut aus der Krise geführt, befanden viele.

Vor allem ist es Solberg gelungen, in ihrer Amtszeit die FRP zu zähmen. Die hatte Solbergs Partei noch bei den Wahlen 2005 und 2009 deutlich vom traditionellen zweiten Platz verdrängt, mit einer Mischung aus Ausländerfeindlichkeit und Protestpartei der „einfachen Norweger“. In der Regierung musste die FRP dann plötzlich viele Kompromisse machen und verlor an Attraktivität. Solberg selbst hatte es als Regionalministerin von 2001 bis 2005 geschafft, ihrer Partei einen strammeren Ruf in Ausländerfragen zu verpassen, wofür sie den Spitznamen „Eiserne Erna“ erhielt. Als sie 2004 Parteichefin wurde, gelang es ihr, die Høyre-Partei zudem vom Ruf zu befreien, vor allem die Interessen Wohlhabender zu vertreten. Sie schrieb dafür eigens ein Buch mit dem Titel „Menschen, nicht Milliarden“.

Für die kommenden vier Jahre hat die verheiratete Mutter zweier Kinder und Tochter eines höheren Staßenbahn-Angestellten versprochen, die Steuern weiter zu senken und die Erdölförderung auszubauen – auch in den sicherheits- und umweltpolitisch sensiblen Arktisgewässern hoch im Norden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2017)

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