Iraks schiitische Führung erhöht Druck auf Kurden

Schiitische Milizionäre mit einem Bild von Großajatollah Sistani
Schiitische Milizionäre mit einem Bild von Großajatollah SistaniAPA/AFP
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Der einflussreiche schiitische Großajatollah Ali al-Sistani warnt die Kurdenregion vor "einseitigen Schritten". Die Regierung in Bagdad will den internationalen Flugverkehr in den kurdischen Nordirak stoppen.

In den Streit um das Unabhängigkeitsreferendum der nordirakischen Kurdenregion hat sich nun auch Iraks führender schiitischer Kleriker Großajatollah Ali al-Sistani eingeschaltet. Die Regierung der Kurdenregion solle "auf den verfassungsmäßigen Pfad zurückkehren", sagte der einflussreiche Geistliche am Freitag in seiner Predigt in der Stadt Kerbala. Das gab nun einer seiner Sprecher bekannt. Zugleich warnte Sistani die Kurden vor "einseitigen Schritten". Es ist die erste direkte politische Forderung Sistanis in einer Predigt seit Februar 2016. Der schiitische Geistliche verfügt im mehrheitlich schiitischen Irak über großes Ansehen. Als die Jihadisten des sogenannten "Islamischen Staates" (IS) im Juni 2014 im Irak immer weiter vorrückten, rief Sistani alle Männer zu den Waffen, um die Extremisten zu stoppen. Zehntausende junge schiitische Männer folgten damals seinem Ruf.

Auch die schiiitsch geprägte irakische Regierung von Ministerpräsident Haidar al-Abadi erhöht den Druck auf die Kurden: Ab Freitag, 18 Uhr Ortszeit, sollen die Flughäfen in der Kurdenregion für internationalen Flugverkehr geschlossen werden. Die Kurdenhauptstadt Erbil wird auch von den Austrian Airlines angeflogen.

USA verlangen "Ruhe auf allen Seiten"

Unterdessen teilte das US-Außenministerium mit, Gespräche zwischen der Kurdenregion und Bagdad zu "fördern". "Wir würden gerne etwas Ruhe auf allen Seiten sehen", fügte eine Sprecherin des Außenamts hinzu. Sie erinnerte zugleich daran, dass sich die USA schon im Vorfeld gegen das Unabhängigkeitsreferendum der Kurden ausgesprochen hatten, weil sie destabilisierende Auswirkungen auf die Region befürchteten. Trotz der Drohungen aus Bagdad, der Türkei und des Iran sowie Kritik aus den USA und europäischen Ländern hatte der kurdische Präsident Massud Barzani das Unabhängigkeitsreferendum vergangenen Montag abhalten lassen. Die Kurden stimmten dabei mit rund 93 Prozent für die Unabhängigkeit.

Die anderen Parteien der Kurdenregion hatten anfangs Barzani für den Zeitpunkt des Referendums kritisiert. Schließlich sprachen sie sich aber ebenfalls für die Abstimmung aus. Der Großteil der Kurden sieht darin die Erfüllung eines alten Traums von einem eigenen Staat, den sie nach dem Ersten Weltkrieg nicht erhalten hatten. Heute gibt es Schätzungen zufolge 20 bis 30 Millionen Kurden, die vor allem in der Türkei, dem Irak, dem Iran und Syrien leben. 

Auch die Kurdische Arbeiterpartei PKK, die in der Türkei einen Untergrundkrieg führt, und ihre Schwesterorganisationen in Syrien haben sich angesichts des wachsenden Drucks von außen mit den irakischen Kurden solidarisch erklärt - und das, obwohl sie Präsident Barzani als Rivalen sehen und die Bildung von Nationalstaaten mittlerweile offiziell ablehnen.

Gefechte zwischen türkischem Militär und PKK

Die Türkei erhöht ebenfalls den Druck auf Erbil. Das türkische Militär führt an der Grenze Manöver durch. Gleichzeitig ist es auch innerhalb der nordirakischen Kurdenregion immer wieder gegen die PKK im Einsatz. Dabei soll es nun im Raum Dohuk zu Gefechten gekommen sein. Drei PKK-Kämpfer und ein türkischer Soldat seien dabei ums Leben gekommen, heißt es in Sicherheitskreisen.

(Reuters/w.s.)

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