Italien: Referendumserfolg beflügelt Lega Nord

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Einst befürwortete die rechtspopulistische Lega Nord die Abspaltung Nord- von Süditaliens. Heute wird sie immer salonfähiger: Sie beansprucht die Führung im Mitte-Rechts-Lager.

Der klare Erfolg der Autonomie-Referenden in den norditalienischen Regionen Lombardei und Venetien beflügelt die rechtspopulistische Lega Nord. Die als sezessionistische Gruppierung entstandene Rechtspartei, die mittlerweile nationalistisch und ausländerfeindlich auftritt und mehr Föderalismus fordert, hat die Volksbefragung initiiert und geht deutlich gestärkt aus der Abstimmung am Sonntag hervor.

Die Lega Nord, die mit den Präsidenten der Lombardei und Venetien Roberto Maroni und Luca Zaia die beiden norditalienischen Regionen regiert, hatte die Wahlbeteiligung als Gradmesser für einen Erfolg der Volksbefragung ausgegeben. Sie wurde von der Wählerschaft nicht enttäuscht.

Mehr als zehn Millionen Wähler waren zu den Referenden aufgerufen. Davon gingen in Venetien 59,2 Prozent zu den Urnen, das 50-Prozent-Quorum wurde damit klar erreicht. In der Lombardei, wo die Autonomiebestrebungen traditionell geringer sind, betrug die Wahlbeteiligung laut vorläufigen Angaben immerhin auch 40 Prozent. Davon stimmten 95 Prozent für eine Ausweitung der Autonomierechte ihrer Region, in Venetien waren es sogar 98 Prozent.

Mit dem Rückenwind des Referendums wollen die Präsidenten der beiden norditalienischen Regionen, die als Wirtschaftslokomotive Italiens gelten, nun Verhandlungen mit der Zentralregierung in Rom für mehr Eigenständigkeit starten. Das Ergebnis der Volksabstimmung stärkt die rechtspopulistische Lega Nord, die auf Europaebene mit der FPÖ verbündet ist, auch in Hinblick auf die Parlamentswahlen im kommenden Frühjahr.

Berlusconi besiegelte Wahlpakt mit Lega Nord

Die Gruppierung um den populistischen Volkstribun Matteo Salvini beansprucht die Führungsposition innerhalb eines Mitte-rechts-Lagers, in dem sie die Lega mit der rechtskonservativen Partei um Ex-Premier Silvio Berlusconi und die Rechtsaußen-Partei "Brüder Italiens" (Fratelli d'Italia) vereinen will. Der Führungsanspruch des jungen und ambitionierten Salvinis stoßen bisher allerdings auf Widerstand bei den gemäßigten Kräften um Berlusconi.

Der Ex-Premier hatte vergangene Woche einen Wahlpakt mit der Lega besiegelt. Dieser besagt, dass die stärkste Kraft der Allianz bei einem Wahlsieg den Ministerpräsidenten stellen soll. Berlusconi geht damit durchaus ein Risiko ein, liegt doch die Lega Nord in Umfragen derzeit vor der Forza Italia. Umfragen sehen die Lega Nord derzeit mit rund 15 Prozent als drittstärkste politische Kraft. Berlusconi macht kein Hehl daraus, dass er einen gemäßigteren Kandidaten als Salvini für den Premierposten bevorzuge.

Die Lega entstand aus Kritik am übermächtigen italienischen Nationalstaat in den 1980er Jahren. Am Anfang setzte sich die Gruppierung vor allem für eine Abspaltung des reichen Nordens vom armen Süden ein. Das Thema Nord gegen Süd ist mittlerweile nicht mehr so prominent. Seit Salvini 2013 die Führung der Partei übernommen und ihr im Zuge der Flüchtlingskrise eine immer ausländer- und islamfeindlichere Ausrichtung gegeben hat, wächst der Erfolg der Gruppierung über die norditalienischen Regionen in Richtung Süden hinaus. Salvini macht keinen Hehl daraus, dass er die einst separatistische Gruppierung immer mehr zu einer nationalen Kraft nach Modell der Front National von Marine Le Pen in Frankreich umwandeln will. Offen sagt Salvini: "Die Alternative zur Mitte-links-Allianz um Ex-Premier Matteo Renzi heißt heute Lega Nord".

Regionalchefs hoffen auf Karriereschub

Salvini scheint sich im Politzirkus wohlzufühlen. Selbstbewusst, redegewandt, medienversiert: Der Mailänder, der 2013 das Ruder der skandal-gebeutelten Lega Nord übernahm und sie tiefgreifend umstrukturierte, nutzt gern provokative Slogans, um sich bei der desorientierten Wählerschaft Gehör zu verschaffen. Kampf gegen die illegale Immigration, gegen die Brüsseler Bürokratie und Austritt aus dem Euro-Raum sind die drei Schwerpunkte, mit denen Salvini als Chef einer gesamtstaatlichen Kraft in den Wahlkampf ziehen will. Dabei distanziert er sich jedoch von den beiden Regionalpräsidenten Zaia und Maroni, die den norditalienischen Wurzeln der Partei treu bleiben und sich auf die Stärkung der Autonomie in Norditalien konzentrieren wollen.

Zaia und Maroni erhoffen sich nach dem erfolgreichen Referendum einen Schub für ihre Karriere. Zaia, dessen zweites Mandat nächstes Jahr ausläuft, könnte einen Ministerposten in einer möglichen Mitte-rechts-Regierung beanspruchen, die aus den Neuwahlen entstehen könnte. Schließlich hat er bereits Ministererfahrung. Zwischen 2008 und 2010 war er Landwirtschaftsminister in der Regierung Berlusconi. Maroni hofft im kommenden Frühjahr auf seine Wiederwahl zum Präsidenten der Lombardei.

(APA)

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