Machtkampf im Touristenparadies Malediven

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Ausnahmezustand, Festnahmen, Machtkampf um das Präsidentenamt: Das österreichische Außenministerium mahnt zur Wachsamkeit, das Tourismusministerium der Malediven beruhigt.

Der Machtkampf auf den Malediven ist eskaliert: Der autoritär regierende Staatschef Abdulla Yameen ließ am Dienstag nach Verhängung des Ausnahmezustands den obersten Richter des Landes festnehmen. Yameens Rivale, der im Exil lebende Ex-Präsident Mohamed Nasheed, rief die USA und die Regionalmacht Indien daraufhin zum Eingreifen auf. Neu Delhi müsse Soldaten schicken.

Yameen hatte am Montag einen zweiwöchigen Ausnahmezustand verhängt, der den Sicherheitskräften umfassende Befugnisse einräumt. In den frühen Morgenstunden des Dienstag stürmten schwerbewaffnete Einheiten dann den Obersten Gerichtshof in der Hauptstadt Male. Sie nahmen Gerichtspräsident Abdulla Saeed und einen weiteren Richter wegen Korruptionsvorwürfen fest. Yameen erklärte zur Begründung, die Richter hätten seinen Sturz geplant.

China und Indien raten von Reise ab

Die politische Instabilität sorgt auch viele Touristen, die auf dem Inselstaat einen Urlaub geplant haben. Das Auswärtige Amt in Berlin hat von Reisen in die Hauptstadt Male abgeraten. "Aufgrund der nicht absehbaren Entwicklung der angespannten politischen Lage wird Reisenden empfohlen, die Medienberichterstattung zu verfolgen, besonders vorsichtig zu sein und von nicht notwendigen Reisen nach Male derzeit abzusehen", hieß es in der Nacht zum Dienstag auf der Website des deutschen Auswärtigen Amtes. China und Indien rieten allgemein von Reisen in das Urlaubsparadies im Indischen Ozean ab.

Das österreichische Außenministerium riet auf seiner Homepage Malediven-Reisenden, sich über die aktuelle Lage zu informieren. Von nicht notwendigen Reisen in die Hauptstadt wird abgeraten. Es gebe derzeit keine Hinweise darauf, dass es aufgrund der politischen Entwicklung Auswirkungen auf die Ferienanlagen auf den Inseln gibt. Der internationale Flughafen befinde sich nicht in der Hauptstadt Male, sondern auf einer eigenen Insel. Ein Aufenthalt in Male sei daher für die An- und Abreise nicht erforderlich.

Die Regierung der Malediven versucht, die Touristen zu beruhigen. In einer Aussendung des Tourismusministeriums heißt es, dass "alle mit dem Tourismus in Verbindung stehenden Unternehmen vollumfänglich in Betrieb sind und dass die Situation auf den Malediven stabil bleibt." Es gebe Reiseeinschränkungen, die öffentliche Sicherheit sei "von höchster Priorität" und die Regierung gewährleiste "die Sicherheit in der Destination".

Präsident ruft Ausnahmezustand aus

Ausgang der politischen Krise auf den Malediven ist eine Anordnung des Obersten Gerichtshofs vergangene Woche, die wichtigsten politischen Gefangenen freizulassen. Präsident Yameen verweigerte dies. Das Gericht urteilte auch, zwölf von Yameens Partei abtrünnige Abgeordnete müssten ihr Mandat zurückerhalten. Dadurch hätte die Opposition eine Mehrheit im Parlament und könnte eine Amtsenthebung des Präsidenten durchsetzen.

Außerdem hob der Gerichtshof eine umstrittene Verurteilung von Yameens Vorgänger Nasheed wegen Terrorvorwürfen aus dem Jahr 2015 auf. Der im britischen Exil lebende Politiker könnte damit in seine Heimat zurückkehren und bei der für dieses Jahr vorgesehenen Präsidentschaftswahl in dem Inselstaat kandidieren.

Am Dienstag rief Nasheed zur Absetzung seines Nachfolgers auf: "Präsident Yameen hat auf illegale Weise das Kriegsrecht verhängt", erklärte er mit Blick auf den Ausnahmezustand. "Wir müssen ihn entmachten." Die indische Regierung müsse einen Gesandten und Soldaten schicken, "um die Richter und die politischen Gefangenen zu befreien". Indien spielt in der Region eine wichtige Rolle - und sieht mit Sorge, wie Yameen die Malediven politisch näher an China heranrückt.

Nasheed rief auch Washington zum Eingreifen auf. Die USA hatten sich zuvor "beunruhigt und enttäuscht" über die Verhängung des Ausnahmezustands geäußert und Yameens Vorgehen gegen die Opposition scharf kritisiert.

(c) APA

Ex-Präsident in Haft

Bereits am Montag war Ex-Präsident Maumoon Abdul Gayoom festgenommen worden. Der Halbbruder des amtierenden Staatschefs hatte sich auf die Seite der Opposition gestellt und für einen Sturz des Staatsoberhaupts geworben. In einem auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter verbreiteten Video forderte er seine Anhänger auf, "standfest" zu bleiben.

Der heute 80-Jährige hatte die Malediven bis zu den ersten demokratischen Wahlen 2008 drei Jahrzehnte lang autoritär regiert. Sein Nachfolger Nasheed machte sich international insbesondere als engagierter Kämpfer gegen den Klimawandel einen Namen. Er trat 2012 nach einem Putschversuch zurück. 2013 wurde Yameen Präsident.

Dieser geht seit seinem Wahlsieg mit großer Härte gegen die Opposition vor. Er ließ zahlreiche Politiker einsperren oder zwang sie ins Exil. Nasheed wurde 2015 in einem Terrorverfahren verurteilt, das von Beobachtern als politisch motiviert kritisiert wurde. 2016 durfte er für medizinische Behandlungen nach Großbritannien reisen und erhielt dort Asyl. Er hat Yameen wiederholt Korruption vorgeworfen.

Islamisch geprägte Inseln, bei Touristen beliebt

Die Inselkette ist als Luxus-Urlaubsziel beliebt. Nach Angaben des Deutschen Reiseverbands (DRV) werden Touristen per SMS und mit Aushängen in Hotels über die Situation informiert. DRV-Sprecher Torsten Schäfer sagte: "Nur ganz wenige halten sich in der Regel in der Hauptstadt auf. Die allermeisten fahren oder fliegen umgehend nach der Landung direkt vom Flughafen weiter in ihre Resorts auf den Inseln." Nach Angaben der maledivischen Tourismusbehörde verbrachten 2015 rund 19.000 Österreicher ihren Urlaub auf der Inselgruppe im Indischen Ozean.

Die Malediven sind streng islamisch geprägt. In den vergangenen Jahrzehnten ist der Einfluss radikaler Islamisten stetig gewachsen. Die Einfuhr nicht-islamischer religiöser Bücher ist auch für Urlauber verboten. Die Touristen sind in eigenen Resorts untergebracht, in denen Angestellte aus dem Westen und Gastarbeiter aus Bangladesch oder Sri Lanka arbeiten. Mit Einheimischen kommen die Urlauber daher kaum in Berührung.

(APA/AFP/dpa/Red.)

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