Schäuble soll CDU-Kandidatur von Merz länger vorbereitet haben

Ein Bild aus dem Jahr 2000: Wolfgang Schäuble, Angela Merkel und Friedrich Merz.
Ein Bild aus dem Jahr 2000: Wolfgang Schäuble, Angela Merkel und Friedrich Merz.REUTERS
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Laut "Spiegel" hat der deutsche Buntestagspräsident seinem Freund beraten und auch Treffen organisiert. Merkel soll über die Absichten ihres früheren Rivalen Bescheid gewusst haben.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Kandidatur von Friedrich Merz für den CDU-Vorsitz einem Medienbericht zufolge "von langer Hand" mit vorbereitet und befördert. Schäuble habe seinem Freund Merz schon seit geraumer Zeit geraten, sich auf die Nachfolge von Angela Merkel als Parteivorsitzende vorzubereiten, berichtete der "Spiegel" am Freitag vorab aus seiner neuen Ausgabe.

Schäuble habe den früheren Unionsfraktionschef zudem im dem Vorhaben bestärkt. Einen Tag nach dem schlechten Abschneiden der CDU bei der Hessen-Wahl hatte Merkel am Montag mitgeteilt, sich bei dem CDU-Parteitag im Dezember nicht als Parteivorsitzende zur Wiederwahl zu stellen. Daraufhin erklärten CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und der seit Jahren aus der aktiven Politik zurückgezogene Merz, sich um die Nachfolge zu bewerben.

Dem "Spiegel" zufolge riet Schäuble dem früheren Widersacher Merkels, er müsse spätestens bis zum Nachmittag am Tag der Hessen-Wahl für sich geklärt haben, ob er antreten wolle. Zudem verschaffte Schäuble Merz demnach Termine, um seine Kandidatur in christdemokratischen Kreisen in Deutschland und Europa vorzubereiten und seine Chancen auszuloten.

EVP-Vorsitzender informierte Merkel

Schäuble habe etwa ein Treffen mit dem Vorsitzenden des europäischen konservativen Parteienbündnisses EVP, Joseph Daul, Mitte Oktober in Brüssel unterstützt, heißt es in dem Bericht weiter. Der Franzose Daul habe im Anschluss an das Treffen mit Merz die Kanzlerin über die Absichten des 62-Jährigen informiert.

Dem "Spiegel" zufolge beriet sich Merkel schon während ihres Sommerurlaubs Ende Juli mit ihrer Vertrauten Annette Schavan darüber, zu welchem Zeitpunkt sie notfalls den CDU-Vorsitz aufgeben könnte. Kramp-Karrenbauer erfuhr hingegen erst am Montagvormittag von Merkels Entscheidung, berichtete das Magazin. Noch am späten Sonntagabend habe ihr Merkel versichert, dass sich ihre Haltung zur Frage der Trennung von Parteivorsitz und Kanzleramt nicht geändert habe.

Merz' Tätigkeit umstritten

Seit Merz' Ankündigung, CDU-Chef werden zu wollen, stehen vor allem zwei seiner Posten im Zentrum des Interesses: Er ist Aufsichtsratsvorsitzender des US-amerikanischen Vermögensverwalters Blackrock in Deutschland, der Berichten zufolge bei den Dax-Unternehmen kräftig mitmischt - und somit über beträchtlichen Einfluss verfügt.

Der umtriebige CDU-Politiker gehört außerdem dem Aufsichtsrat der HSBC Bank an, die mit so genannten Cum-Ex-Geschäften zu Lasten des Fiskus in Verbindung gebracht wird. Bei diesen ließen sich Anleger eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Dividendenerlöse mehrmals erstatten.

Die Organisation Lobbycontrol fürchtet Interessenskonflikte, wenn Merz zum neuen CDU-Vorsitzenden gewählt wird. Es müsse sichergestellt werden, "dass er seinen bisherigen Arbeitgebern keinen bevorzugten Zugang zur Politik bietet". So müsse geklärt werden, bei welchen Themen er sich für Blackrock politisch eingesetzt habe.

Merz müsse sich eigentlich um Transparenz bemühen, habe das aber in der Vergangenheit vermissen lassen, kritisiert Lobbycontrol mit Blick auf die Klage des CDU-Politikers gegen die Offenlegung seiner Nebeneinkünfte als Abgeordneter.

Für Kritik sorgt aber insbesondere die Aufsichtsrats-Tätigkeit von Merz bei der HSBC-Bank: Zwar sitze Merz als Aufsichtsrat der Bank "nicht im Handelssaal", sagt der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick der "Rhein-Neckar-Zeitung". Aber auch ein Aufsichtsrat müsse dafür sorgen, "dass die Strategie des Unternehmens keinen Raum schafft für kriminelle Geschäfte".

Merz: "Keine Konfliktlage"

Der Vermögensverwalter Blackrock sei keineswegs eine "Heuschrecke", hält der CDU-Politiker seinen Kritikern entgegen. Das Unternehmen verwalte lediglich treuhänderisch das Vermögen seiner Kunden. Schließlich führe er die Firma keineswegs, sondern beaufsichtige sie lediglich. "Deswegen ist das für mich keinerlei Konfliktlage", betont der Kandidat für den CDU-Vorsitz.

Im Zusammenhang mit der HSBC weist er darauf hin, dass er sich stets gegen die umstrittenen Cum-Ex-Geschäfte gewandt habe: "Aktien-Geschäfte wie Cum-Ex und Cum-Cum dienen letztlich dazu, die Steuerzahler auszunehmen", sagte Merz der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagsausgabe). Derartige Geschäfte seien "vollkommen unmoralisch", unabhängig von der juristischen Bewertung. "Dieser Meinung war ich schon immer und habe dies auch immer zum Ausdruck gebracht."

(APA/AFP)

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