Deutsche Stadt Bochum muss Islamisten nicht wieder aufnehmen

Neue Wendung von Justitia im Falle Sami A.
Neue Wendung von Justitia im Falle Sami A. Michaela Bruckberger
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Der salafistische Gefährder Sami A., einst mutmaßlich in der Leibgarde Osama Bin Ladens, war im Sommer nach Tunesien abgeschoben worden. In einem umstrittenen Urteil wurde das als rechtswidrig aufgehoben. Nun fiel ein gegenteiliger Beschluss.

Die nordrhein-westfälische Großstadt Bochum muss den im Sommer zu Unrecht nach Tunesien abgeschobenen islamistischen Gefährder Sami A. nicht nach Deutschland zurückholen. Das entschied ein Gericht am Mittwoch. Allerdings kann A. noch Beschwerde einlegen.

Es ist eine weitere juristische Etappe im langen Tauziehen im Fall des 42-Jährigen. Er steht seit vielen Jahren im Verdacht, Kontakte zu Islamisten und Terroristen zu unterhalten, um 2000 herum in Afghanistan in einem Djihadisten-Ausbildungslager und zeitweise in der Leibgarde von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden gewesen zu sein.

Der 1976 in Tunesien geborene spätere salafistische Prediger war 1997 zum Studieren nach Deutschland gekommen. In den 2000ern kam die erwähnte Verdachtslage gegen ihn auf, zumal er offen als Prediger auftrat und junge Männer für den Dschihad anzuwerben trachtete. Seit 2006 lieferte er sich einen langen und komplizierten Rechtsstreit mit den Behörden gegen seine Ausweisung sowie um Erlangung von Asyl.

Zähes Ringen um Abschiebeschutz

Letzteres wurde ihm verweigert, doch scheiterte seine Abschiebung über Jahre an der ihm in Tunesien womöglich drohenden Folter - sowie an der Tatsache, dass seine Frau, ebenfalls Tunesierin, zwischenzeitlich auch die deutsche Staatsbürgerschaft erlangt hatte. Als Gatte einer Deutschen und Vater von vier Kindern mit dieser genoss A. zusätzlichen Abschiebeschutz.

Sami A. (Archivbild)
Sami A. (Archivbild)YouTube/Screenshot

Nach der Revolution in Tunesien 2011/11 indes bröckelte sein folterbasiertes Abschiebeschutz-Argument schnell ab. Dennoch dauerte es bis 2014, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) das Abschiebeverbot aufhob. Und letztlich dauerte es noch einmal bis zum 13. Juli des heurigen Jahres, dass ihn die Behörden aus Bochum nach Tunesien abschoben.

Allerdings hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen das noch am Tag zuvor untersagt. Umstrittene Begründung: Der Folterverdacht bleibe so lange bestehen, bis die tunesische Regierung nicht in einer Note an Deutschland erklärt habe, dass A. in Tunesien wirklich nichts zu befürchten habe. Doch als dieser Beschluss den zuständigen Behörden zugestellt wurde, hatten die ihn bereits ins Flugzeug nach Tunis gepackt.

Rückholung angeordnet, Stadt wehrt sich

Das Verwaltungsgericht rügte das Verhalten der Behörden und ordnete die sofortige Rückholung von Sami A. an. Das sorgte wieder für viel Kritik. Die Stadt Bochum legte dagegen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht des Bundeslandes ein, das im August ebenfalls die Abschiebung als rechtswidrig erkannte und Bochum zu dessen Rückholung verpflichtete.

Nach weiterem Hin und Her folgte im Herbst dann eine Zusicherung des tunesischen Staates, wonach Sami A. weder Folter noch unmenschliche Behandlung drohten. Daraufhin hob wiederum das Verwaltungsgericht erster Instanz in Gelsenkirchen im November das Abschiebeverbot zugunsten des Islamisten auf. Man glaube auch seinen Behauptungen nicht, dass er in Tunesien bereits unmenschlich behandelt worden sei.

Die Tatsache, dass A. jetzt in Tunesien sei, bedeute folglich keinen andauernden rechtswidrigen Zustand mehr, argumentierten die Gelsenkirchener Richter nun. Deshalb hoben sie am Mittwoch die Pflicht der Stadt Bochum auf, den Mann zurückzuholen.

(DPA)

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