Vier Anführer von Hongkongs Demokratiebewegung müssen ins Gefängnis

Chu Yiu-ming, Mirbegründer der Occupy-Bewegung, wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, vier seiner Kollegen müssen ins Gefängnis.
Chu Yiu-ming, Mirbegründer der Occupy-Bewegung, wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, vier seiner Kollegen müssen ins Gefängnis.REUTERS
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Der Richter begründete die Haftstrafen dadurch, dass die Anführer wenig Bedauern gezeigt hätten. Der Schuldspruch fiel schon vor zwei Wochen.

Viereinhalb Jahre nach der "Regenschirm-Bewegung" für mehr Demokratie in Hongkong sind vier prominente Anführer der Proteste zu Haftstrafen von bis zu 16 Monaten verurteilt worden.

Ein Hongkonger Gericht hatte die insgesamt neun Protestführer, darunter Abgeordnete, renommierte Universitätslehrer und Studentenführer, bereits vor zwei Wochen der Anstiftung oder Verschwörung zur Störung der öffentlichen Ordnung schuldig gesprochen. Am Mittwoch wurde das Strafmaß verkündet.

Der Jusprofessor Benny Tai und der Sozialwissenschaftler Chan Kin-Man müssen demnach für 16 Monate ins Gefängnis. Der Abgeordnete Shiu Ka-chun sowie Raphael Wong, Mitglied der prodemokratischen Liga der Sozialdemokraten, erhielten achtmonatige Haftstrafen.

Andere Aktivisten wurden zu Sozialstunden oder Bewährungsstrafen verurteilt. In seinem Urteil sagte der Richter Johnny Chan, dass keiner der Anführer Bedauern über seine Rolle bei der Führung der Proteste gezeigt habe.

Die prodemokratische Bewegung hatte 2014 Teile der sieben Millionen Einwohner zählenden asiatischen Wirtschafts- und Finanzmetropole wochenlang lahmgelegt.

Ruf nach mehr Demokratie

Die Strafverfolgung der Anführer der Bewegung begann erst mit deutlicher Verspätung. Nur einen Tag nachdem ein Peking-treues Wahlkomitee die neue Regierungschefin Carrie Lam im März 2017 ausgesucht hatte, war Anklage erhoben worden.

Die Demonstranten hatten sich besonders an diesem Auswahlprozess gestoßen, der zur Wahl der Regierungschefin führte. Gefordert wurde stattdessen, das alle Hongkonger sich an der Wahl beteiligen dürfen.

Bewährungsstrafen erhielten am Mittwoch der Baptistenpastor Chu Yiu-Ming, die Abgeordnete Tanya Chan, der frühere Parlamentarier Lee Wing-tat sowie der Studentenführer Eason Chung. Der Studentenführer Tommy Cheung soll 200 Sozialstunden ableisten.

Andere Hongkonger Aktivisten waren bereits früher für ihre Rolle in den Protesten vor Gericht gelandet, darunter der zur Zeit der Proteste im Herbst 2014 erst knapp 18-jährige Aktivist Joshua Wong, der eines der wichtigsten Gesichter der Demokratie-Bewegung ist. Vergangenes Jahr hob ein Gericht die Haftstrafen gegen den jungen Studentenführer und zwei seiner Mitstreiter wieder auf, nachdem sie wegen ihrer Beteiligung an den Massenprotesten zunächst verurteilt worden waren.

Gesetz aus der Kolonialzeit

Schuldig gesprochen wurden die Angeklagten auf Grundlage eines Gesetzes aus der Kolonialzeit, das bei einer Störung der öffentlichen Ordnung Haftstrafen von bis zu sieben Jahren vorsieht. Alle Aktivisten wurden in mindestens einem Anklagepunkt verurteilt. Der Prozess wurde von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert.

Seit seiner Rückgabe 1997 an China wird Hongkong nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" autonom als eigenes Territorium regiert. Anders als die Menschen in der Volksrepublik China genießen die sieben Millionen Hongkonger vergleichsweise noch weitgehende Rechte wie Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, obwohl die Metropole unter Chinas Souveränität steht. Als Reaktion auf die Proteste hat die kommunistische Führung in Peking die Zügel in den vergangenen Jahren jedoch immer weiter angezogen.

(APA/dpa/AFP)

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