Nach der vernichtenden Niederlage bei der EU-Wahl kündigt der griechische Ministerpräsident sofortige Neuwahlen an.
Athen. Es ging Schlag auf Schlag: Kaum stand fest, dass Ministerpräsident Alexis Tsipras und seine Syriza sowohl bei den Europawahlen als auch bei den Kommunalwahlen vernichtende Niederlagen eingefahren hatten, trat der Premier vor die Hellenen und verkündete, dass er schnellstmöglich Neuwahlen durchführen lassen wird. Zu groß war der Abstand von neuneinhalb Prozentpunkten auf den Wahlsieger Kyriakos Mitsotakis von der konservativen Nea Dimokratia (ND) bei den EU-Wahlen, um bis zum Auslaufen der Legislaturperiode im Oktober 2019 weitermachen zu können. Das bedeutet, dass die Parlamentswahlen Ende Juni oder Anfang Juli stattfinden. Zuvor werden übrigens, wie in Griechenland üblich, Tsipras und seine wichtigsten Minister zurücktreten, um einer Übergangsregierung Platz zu machen.
33,2 Prozent konnte die ND für sich verbuchen, über zehn Prozentpunkte mehr als bei den EU-Wahlen 2014 – ein Erdrutschsieg. Schon lange hatte sich der Erfolg in Umfragen angekündigt, doch nach einer Reihe von Wahlgeschenken von Tsipras schien das Pendel zurückzuschlagen. Noch drei Tage vor der Wahl sahen Hunderttausende Pensionisten eine 13. Pension auf ihrem Konto. Es hat alles nichts geholfen, die Stimmbürger haben sich vom ehemaligen Volkstribunen abgewendet. Der kann nur noch hoffen, dass die Wut der Wähler auf die Linken, die 2015 alles versprachen und nichts halten konnten, nach den EU-Wahlen verraucht ist. Eines freilich zeigte das Ergebnis: Syriza hat mit 22,8 Prozent die Sozialisten als Großpartei links der Mitte abgelöst.
Die Sozialisten von Kinal, die frühere Pasok, können freilich mit ihren 7,5 Prozent und dem dritten Platz zufrieden sein. Abgestürzt ist die rechtsextreme Goldene Morgenröte, die nur auf fünf Prozent kam (2014: neun Prozent); sie verlor über vier Prozentpunkte an die „Griechische Lösung“, eine rechtsextreme, nicht gewalttätige Partei.
Aber auch der unvermeidliche griechische Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis wird der europäischen Öffentlichkeit erhalten bleiben. In Deutschland scheiterte er, seine Partei Mera 25 kam jedoch in Griechenland nach Auszählungsstand Montagmittag über die Hürde von drei Prozent der Stimmen und rückt mit einem Sitz ins EU-Parlament ein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2019)