Die Frage sei, wen ein britischer Austritt härter treffen werde - London oder Brüssel, sagt der Finanzminister. Der Brexit sei aber nicht die einzige Baustelle der EU 2017.
Am Dienstag wird die britische Premierministerin Theresa May in einer Grundsatzrede voraussichtlich einen "harten Brexit" - also einen Ausstieg aus dem Binnenmarkt und der Zollunion - ankündigen. Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) glaubt jedoch nicht, dass der Ausstieg des Vereingten Königreichs innerhalb von zwei Jahren machbar ist. "Ich denke, dass es fünf Jahre dauern wird", sagte er am Dienstag zu Beginn der "Euromoney"-Konferenz in Wien.
Noch immer wisse niemand, was der Artikel 50 eigentlich bedeute, sagte Schelling. Es sei auch unklar, ob es möglich sei, den EU-Ausstieg Großbritanniens und die künftige Zusammenarbeit mit dem Land parallel zu verhandeln. Es könnte auch zu einem "harten" Brexit kommen. "Die Frage ist, wen es härter treffen wird", so Schelling. Europa könnte dadurch besonders im Finanzsektor weltweit an Bedeutung verlieren.
Der Brexit sei aber nur eine Baustelle, mit der sich die EU 2017 auseinandersetzen muss: "Wir leben in einer Zeit der Unsicherheit", sagte Schelling und verwies dabei auch auf die USA. Er befürchtet, dass Trump viele internationale Abkommen kappen wird. Wenn Trump Strafzölle für deutsche Autobauer einführe, die in Mexiko statt in den USA produzieren, müsse man sich fragen, "in welcher Welt wir leben". Zudem sei die Flüchtlingskrise noch nicht gelöst, die sowohl für die Länder als auch deren Budgets Unsicherheiten berge.
Sapin: Großbritannien verlegt sich aufs "Improvisieren"
Frankreich kritisierte das Vorgehen Großbritanniens beim Brexit. Die Regierung in London sei das Vorhaben EU-Austritt ohne ausreichende Vorbereitung angegangen, sagte Finanzminister Michel Sapin am Dienstag: "Niemand war bereit." Jetzt verlege sich die Regierung in London aufs "Improvisieren".
Dies zeige, wie "hilflos" die britische Führung in einer Situation agiere, die Teile der Regierung so nicht gewollt hätten. Bisher hat sich May kaum dazu geäußert, welches Abkommen sie mit der EU anstrebt. Das Problem für Großbritannien ist, dass die EU als Gegenleistung für den vollen Zugang zum gemeinsamen Markt auf die in der Europäischen Union geltende Personenfreizügigkeit pocht. Die Beschränkung der Einwanderung war aber für viele Briten einer der Hauptgründe, in dem im Juni 2016 abgehaltenen Referendum für den Brexit zu stimmen.
(APA)