Die Zeitungen kommentieren am Samstag die EU-Feiern zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge.
"Times" (London):
"Optimisten werden zum Jahrestag der Römischen Verträge sagen, dass die EU - sofern die Wahlen in Frankreich und Deutschland gut ausgehen - mit kosmetischen Veränderungen und einer Erneuerung des Ehegelöbnisses weitermachen kann. Die Wirklichkeit ist jedoch viel düsterer. Die Eurozone wird es bald mit einer neuen Rettungsaktion für Griechenland zu tun bekommen, erneut drängen Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Europa - wobei viele tragischerweise ihr Leben verlieren werden - und frustrierte Wähler wenden sich populistischen Anfeuerern zu, die sich gegen Brüssel richten. Die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa untergräbt das Vertrauen einer neuen Generation in das (europäische) 'Projekt'. Außen ist die EU mit ernsten Herausforderungen durch den russischen Präsidenten Putin und den türkischen Führer Erdogan konfrontiert. Und US-Präsident Trump ist, gelinde gesagt, kein enthusiastischer Anhänger eines föderalen Europa. Das Treffen in Rom sollte daher für die Regierungschefs Anlass für einen gründlichen Blick in den Spiegel sein. Die Krise auf dem Kontinent ist so groß, dass sie von den Staatenlenkern einfach nicht mehr übersehen werden kann."
"de Volkskrant" (Amsterdam):
"Das ist ein Anlass zum Feiern, doch in Brüssel läuft man mit hängenden Schultern herum. Bei der EU-Kommission wird die Sinnfrage gestellt. Vor dem Rom-Gipfel waren die Mitgliedstaaten kaum in der Lage, eine gemeinsame Erklärung zustande zu bringen. So groß ist die Zerstrittenheit. Im Zusammenhang mit dem 60-Jahre-Jubiläum hatte der EU-Vorsitzende Jean-Claude Juncker Anfang des Monats ein Weißbuch mit fünf Szenarien für die Zukunft der EU präsentiert. Sie reichen von weiter durchwursteln bis entschlossen vorwärts schreiten. Dass die Kommission nach vorn schaut, ist weniger bedeutsam als die Art und Weise, in der sie das tut. Mit seinen Szenarien sagt Juncker den Mitgliedstaaten: Sucht euch aus, was ihr haben wollt. Die Kommission ist missmutig, weil ihr immer und von allen Seiten die Schuld zugewiesen wird, während das Malheur in ihren Augen jeweils von den Regierungschefs verursacht wurde. Die sagen demnach in Brüssel Ja und Amen und vergessen alle Absprachen, sobald sie wieder zu Hause sind."
"Neue Zürcher Zeitung":
"Wer zurückblickt, findet viel Grund zum Feiern. Die Staatengemeinschaft hat die Erinnerung an zwei mörderische Weltkriege weit hinter sich gelassen und wesentlich zur Sicherung des Friedens in Europa beigetragen. Doch wer nach vorne blickt, findet mehr Anlass zu Zweifel und Besorgnis als zur Freude. Das dokumentiert nicht zuletzt der Umstand, dass die 27 Staaten nicht einmal zum Feiern einträchtig zusammenkommen können; bis zuletzt blieb unklar, ob sie sich auf eine einstimmige Resolution werden einigen können, die ohnehin kaum Verbindliches enthalten wird.
Sieht man sich das optimistische Zukunftsszenario 'Viel mehr gemeinsames Handeln' der Kommission an, wird rasch klar, dass dieser Weg für Europa nur in der Theorie existiert. (...)
Weiter entfernt von so viel Einigkeit war die Gemeinschaft selten je zuvor. Das wissen auch die Europapolitiker in Brüssel, Berlin, Paris und den anderen Hauptstädten. Seit Monaten ist deshalb die Rede vom Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten, in dem das Voranschreiten freiwillig und flexibel jedem einzelnen Staat überlassen sein und nur jene Bereiche betreffen soll, die er für vorteilhaft erachtet."
(APA)