Höherer Militäretat als Knackpunkt

Rex Tillerson
Rex TillersonAPA/AFP/EMMANUEL DUNAND
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US-Außenminister Tillerson unterstrich bei seiner Stippvisite in Brüssel die Forderungen der Trump-Regierung an das Bündnis.

Wien/Brüssel. Die Außenminister der Nato-Staaten haben eigens ihre Terminkalender umgestoßen, um am Freitag doch noch den Neuen in ihrem Kreis zu begrüßen – und sich der Solidarität des wichtigsten und potentesten Partners zu vergewissern. Denn US-Außenminister Rex Tillerson hat das lang geplante Treffen in Brüssel in der kommenden Woche wegen einer Terminkollision abgesagt, was insbesondere bei den osteuropäischen Alliierten Irritation und Skepsis an Washingtons Bündnistreue schürte.

Die Teilnahme an den Gesprächen Donald Trumps mit Chinas Staatschef, Xi Jinping, in seiner Privatresidenz in Palm Beach in Florida in der nächsten Woche erschien Tillerson jedenfalls dringender als der Gedankenaustausch mit seinen Amtskollegen. Zumal der Außenminister bei zahlreichen hochkarätigen Terminen Trumps im Weißen Haus mit Shinzō Abe, Benjamin Netanjahu oder Angela Merkel der große Abwesende war.

Signalisierte die Nato mit ihrer Flexibilität Entgegenkommen, so beharrten die USA auf ihrem Kurs. Was Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und die Ministerkollegen dann von Tillerson zu hören bekamen, war neben der Warnung vor Interventionen Russlands am Rande der Nato-Hemisphäre in Osteuropa eine Variation des Echos aus dem Weißen Haus. Eine Forcierung des Kampfs gegen den Terrorismus, eine Stärkung der Cyberabwehr, eine Unterstützung bei der Stabilisierung des Irak und eine Aufstockung der Militärausgaben – dies sind die Vorgaben, die der US-Präsident für das transatlantische Bündnis definiert hat.

Symptomatisch dafür sind einerseits die Beschwörungen, zu 100 Prozent zu den Verpflichtungen, darunter auch zur Bündnispflicht gegenüber den Nato-Mitgliedern, zu stehen, wie dies vor allem US-Verteidigungsminister James Mattis wie ein Mantra vor sich herträgt. Trumps Formulierung in einem Interview, wonach die Nato längst obsolet sei, hat die Alliierten zutiefst verunsichert. Mit einer treuherzigen Zusicherung der Loyalität gegenüber der Nato hatte Trump ja auch kürzlich Merkel nach Hause geschickt – nur um ihr anderntags per Twitter die Mahnung hinterherzusenden, das Versprechen für eine eklatante Erhöhung des Verteidigungsetats zu erfüllen.

Wahlkampfthema in Berlin

Die Nato-Staaten haben 2014 beim Gipfel in Wales beschlossen, die Militärausgaben innerhalb von zehn Jahren auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen. Dies könnte zum Knackpunkt werden. Nur die USA, Großbritannien, Polen, Estland und Griechenland erreichen diese Marke. In Deutschland liegt der Budgetposten bei nur 1,2 Prozent des BIPs. Der Widerstand gegen die Forderung nach Aufstockung ist zum Wahlkampfthema geworden, das sich vor allem die SPD auf die Fahnen geschrieben hat. So bezeichnete Außenminister Sigmar Gabriel das Zwei-Prozent-Ziel – für Berlin wären dies 70 Milliarden Euro im Jahr – als „völlig unrealistisch“.

Beim Nato-Gipfel Ende Mai in Brüssel, zu dem sich Trump angesagt hat, könnten die Gegensätze offen zutage treten. Der US-Präsident weiß Verteidigungsminister Mattis an seiner Seite, den er vornehmlich bei seinem Spitznamen nennt – „Mad Dog“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2017)

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