Mord vor 15 Jahren: Pim Fortuyn, der "Vater des Populismus"

PIM FORTUYN SPEAKS TO PRESS FROM HIS BENTLEY IN A FILE PHOTO.
PIM FORTUYN SPEAKS TO PRESS FROM HIS BENTLEY IN A FILE PHOTO.(c) REUTERS (Michael Kooren)
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Er wurde mit Mussolini verglichen, auf eine Stufe mit Jörg Haider gestellt, er selbst sah sein Vorbild in John F. Kennedy. Die Niederländer gedenken dem "Vater des Populismus" Pim Fortuyn: Der Politiker wurde vor 15 Jahren ermordet.

In vielen niederländischen Städten wurden am Wochenende Gedenkveranstaltungen für den niederländischen Politiker und "Vater des Populismus"' Pim Fortuyn abgehalten, der vor 15 Jahren ermordet wurde. Die zentrale Gedenkveranstaltung fand in Fortuyns Heimatstadt Rotterdam statt; an ihr nahmen Tausende Fortuyn-Anhänger teil, unter ihnen auch die ehemalige Ministerin für Asyl und Migration Rita Verdonk und der in Holland sehr populäre Sänger Lee Towers. Motto des Gedenkens an Pim Fortuyn: Pim nooit vergeten zegt ons geweten - Pim nie vergessen, sagt unser Gewissen.

Der militante Tierschützer und Veganist Volkert van der Graaf erschoss Pim Fortuyn am 6. Mai 2002 kurz vor 18.06 Uhr aus nächster Nähe im Park des Medienzentrums in Hilversum, als Fortuyn nach einem Interview aus einem TV-Studio kam. Er hatte dort im Gebüsch stundenlang auf sein Opfer mit geladener Pistole gewartet. Er feuerte fünf Schüsse aus nächster Nähe auf Fortuyn. Der Politiker starb noch am Tatort.

Härter, intoleranter, polarisierter

Am 13. Mai 2002 waren dann Parlamentswahlen in den Niederlanden. Rund 1,6 Millionen Niederländer gaben dem toten Pim Fortuyn ihre Stimme. Die von Fortuyn gegründete und nach ihm benannte LPF (Liste Pim Fortuyn) wurde aus dem Stand heraus zweitgrößte Partei der Niederlande. Wäre Pim Fortuyn von Volkert van der Graaf nicht ermordet worden, wäre er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damals nach dem 13. Mai 2002 wohl neuer Ministerpräsident der Niederlande geworden. (Van der Graaf ist nachdem Verbüßen von zwei Dritteln seiner 18jährigen Haftstrafe seit zwei Jahren wieder auf freiem Fuß.)

Der politische Mord an Pim Fortuyn erschütterte die niederländische Demokratie damals in ihren Grundfesten. Zehntausende gingen damals auf die Straßen, um Fortuyn zu demonstrieren. Zehntausende erwiesen ihm die letzte Ehre, als er beigesetzt wurde.

Der Mord an Fortuyn - und zwei Jahre später der Mord an dem Filmemacher und Journalisten Theo van Gogh: Diese beiden politisch motivierten Morde haben die Niederlande in ihren Grundfesten erschüttert. Die beiden politischen Morde haben das einst so tolerante und weltoffene Land am Nordseerand aber auch grundlegend verändert. Sie wirken bis heute nach. Die Niederlande sind heute ganz anders als vor diesen Morden. Das Königreich ist härter, intoleranter, polarisierter und vom gesellschaftspolitischen Klima her kälter geworden.

Der geoutete Dandy

"Pim Fortuyn wurde vom Volkshelden zum Volksmärtyrer", schreibt die Zeitung "De Telegraaf" heute, 15 Jahre später, über den Volkstribun Fortuyn, der sich als homosexuell outete und der mit seinem Schwulsein kokettierte. Überhaupt war Fortuyn, dessen großes Vorbild John F. Kennedy war, eine flamboyante Persönlichkeit. Er war ganz und gar unniederländisch. Er war ein Intellektueller, ein Dandy, ein Charmeur, ein Provokateur, ein Inspirator. Er war seiner Zeit weit voraus. Er war ein Polder-Trump, nur eben viel charmanter als Donald Trump.

Pim Fortuyn war der Erste, der den Islam öffentlich als eine "Gefahr für die westlichen Demokratien" einstufte und der den Islam als eine "zurückgebliebene Kultur'' bezeichnete. Er war der Erste, der die "elitäre Hinterkammer-Politik" der politischen Eliten an den Pranger stellte. Dennoch war Fortuyn kein Rechtsextremer, wie etwa - sein Nachfolger in gewisser Weise - Gerd Wilders. Wilders vertritt viel radikalere Positionen beispielsweise gegenüber dem Islam, als Pim Fortyn das je tat.

Obwohl Fortuyn ein gemäßigter Populist war, der mit rechten Politikern wie dem damaligen FPÖ-Chef Jörg Haider oder dem damaligen Vorsitzenden der rechtsnationalistischen flämischen Vlaams Belang Filip De Winter nichts zu tun haben wollte, wurde er in den Niederlanden schon Monate vor seiner Ermordung "verketzert" und "dämonisiert", wie er selbst sagte. Er wurde Faschist genannt, man bezeichnete ihn in manchen Medien als "Polder-Mussolini'' als einen "Pseudo-Professor mit der Intelligenz von Adolf Hitler und dem Charme von Heinrich Himmler". Manche niederländische Medien führten einen regelrechten Kreuzzug gegen Pim Fortuyn. Ein politisches Klima, in dem Pim Fortuyn regelrecht zum Abschuss freigegeben war.

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