China und EU schmieden Klimapakt

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Europäer betonen ihre Führungsrolle im Kampf gegen die Erderwärmung. Auch China wird nach Auskunft von Premier Li „zu seiner Verantwortung“ stehen.

Wien/Brüssel/Berlin. Der Zeitpunkt könnte günstiger nicht sein: Just einen Tag, nachdem US-Präsident Donald Trump den künftigen Kurs der Vereinigten Staaten im Zusammenhang mit der Erderwärmung verkündete, findet am heutigen Freitag in Brüssel eine Weichenstellung der anderen Art statt. Nach Informationen der „Financial Times“ werden die EU und China einen Pakt zur Bekämpfung des Klimawandels besiegeln. Demnach werden Li Keqiang, der Premierminister der Volksrepublik, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk in einem Dokument festhalten, dass der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger „unumkehrbar“ und das 2015 in Paris geschlossene internationale Klimaabkommen eine „historische Leistung“ sei.

Das gemeinsame Kommuniqué hat hauptsächlich Signalwirkung – denn auf die Etappenziele im Kampf gegen Erderwärmung haben sich die Teilnehmer der Pariser UN-Klimakonferenz (COP21) bereits verständigt: Bis zum Ende des Jahrhunderts soll die globale Temperatur demnach um nicht mehr als zwei Grad Celsius ansteigen – angepeilt wird ein Maximalanstieg von eineinhalb Grad. Weiters sollen ab 2023 die nationalen Ziele zur Einschränkung der Treibhausgasemissionen im Fünfjahrestakt überprüft und gegebenenfalls nachjustiert werden.

Ausstieg nach nächster Wahl

Bis auf Syrien und Nicaragua hat sich die globale Staatengemeinschaft zur Umsetzung des COP21-Abkommens verpflichtet. Ein Ausstieg der USA würde den Pakt zwar beschädigen, ihn aber nicht zu Grabe tragen – zumal dieser Ausstieg erst in gut drei Jahren vollzogen werden kann. Der Grund: In Paris wurde vereinbart, dass ein Austrittsgesuch frühestens drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Abkommens am 4. November 2016 eingereicht werden darf. Nachdem die Kündigungsfrist ein Jahr beträgt, können die USA erst am 4. November 2020 aus dem Pariser Abkommen aussteigen – und wie es der Zufall will, finden die nächsten US-Präsidentenwahlen am 3. November 2020 statt. Sollte Amtsinhaber Trump bis dahin das Vertrauen der US-Wähler verlieren, könnte sein Nachfolger (bzw. seine Nachfolgerin) den klimapolitischen Bruch mit der Weltgemeinschaft relativ rasch und unbürokratisch rückgängig machen – so die Hoffnung der Klimaschützer.

Allerdings können die USA Paris auch auf eine andere Weise aufkündigen: und zwar indem sie aus jener UN-Konvention aussteigen, die den Rahmen für das Pariser Abkommen bildet. Diese Option würde nur ein Jahr dauern – doch damit würden die Vereinigten Staaten ihre Teilnahme an allen Klimaschutzprogrammen infrage stellen.

Doch zurück nach Brüssel: Dass die Chinesen an dem Abkommen festhalten wollen, hat mindestens drei Gründe: Einerseits signalisiert Peking damit Pakttreue und bringt sich als globale Ordnungsmacht in Stellung – eine Aufgabe, an der US-Präsident Trump nicht viel zu liegen scheint. Zweitens hat die Volksrepublik aufgrund der eigenen Emissionsdynamik (siehe Grafik) keine andere Wahl, als auf Klimaschutz zu setzen, denn die Umweltverschmutzung hat in China ein Ausmaß erreicht, das mittel- bis längerfristig zu sozialen Unruhen führen könnte. Und drittens werden durch Investitionen in Windturbinen und Fotovoltaikanlagen potenzielle globale Marktführer herangezüchtet.

Dass Trumps lautstark geäußerter Zweifel an der Erderwärmung zu einer geostrategischen Neuordnung führt, konnte bereits am gestrigen Donnerstag in Berlin beobachtet werden, wo der chinesische Premierminister vor seinem Auftritt in Brüssel weilte. „Unsere Worte zählen, und unsere Taten müssen Erfolge haben. China wird zu seiner Verantwortung stehen“, sagte Li nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. In das von den USA verursachte klimapolitische Vakuum drang auch Russland: Man halte selbstverständlich am Pariser Abkommen fest, hieß es gestern aus Moskau. In Brüssel wiederum ließ Kommissionspräsident Juncker wissen, die EU habe ohnehin einen Anspruch auf die Führungsrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels und sei nicht auf die USA angewiesen.

Bei dem heutigen Treffen in Brüssel wird es abseits des Klimas vor allem um Wirtschaftsfragen gehen. Die Europäer möchten möglichst rasch ein Investitionsabkommen mit China abschließen – als Vorstufe zu einem Freihandelsabkommen, das nach Merkels Worten aber erst „eines Tages“ verhandelt werden könne.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2017)

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