Kommentar

Eine gefährliche Hetzjagd

Ungarns Regierungschef prägt mit George Soros ein Feindbild und fördert damit Antisemitismus.

Manchmal entsteht der Eindruck, Ungarns Regierungschef, Viktor Orbán, spielt nur gern mit dem Feuer. Er zündelte mit antieuropäischen Bürgerumfragen, befeuert die ausländerfeindliche Stimmung im Land und poltert gegen eine gewichtige Person: den in Ungarn geborenen Multimillionär George Soros. Dass er vor dem Besuch seines israelischen Amtskollegen, Benjamin Netanjahu, antisemitisch wirkende Plakate gegen den jüdischen Geschäftsmann entfernen lässt, ist typisch für Orbán. Er reizt das Zündeln so lang aus, bis ein internationaler Großbrand droht, dann löscht er schnell und macht, als wäre nichts geschehen.


Aber es ist bereits etwas geschehen. Die Angriffe gegen Soros, der für eine offene Gesellschaft wirbt, der in Budapest eine Universität finanziert, der NGOs unterstützt, die Flüchtlinge betreuen, zeigt Wirkung. Der reiche Mann ist zum zentralen Feindbild geworden, das die Frustration jenes Teils der Bevölkerung absorbiert, der sich von westlichen Eliten übervorteilt fühlt.

Mit Steuergeldern Plakate zu drucken, die eine einzelne Person an den Pranger stellen, von der Orbán einst selbst ein Stipendium für Oxford erhalten hat, ist widerlich. Die von Soros finanzierten NGOs vor den Augen des Volkes zu brandmarken ebenso. Das ist kein Spiel mehr: Orbáns Regierung betreibt verantwortungslose Hetze.

wolfgang.boehm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2017)

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