EU-Millionenstrafe für demontierte Bahngleise

Symbolbild Gleise
Symbolbild GleiseAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Um einen Konkurrenten auszustechen, ließ Litauens Bahn eine 19 Kilometer lange Strecke verschwinden.

Brüssel. Auf den ersten Blick wirkt die am Montag gegen die litauische Eisenbahn verhängte Wettbewerbsstrafe in der Höhe von knapp 28 Mio. Euro wie ein gewöhnlicher Fall – das Unternehmen habe kartellrechtlich unsauber gehandelt und Konkurrenten behindert, urteilten die Brüsseler Wettbewerbshüter. Doch die Hintergründe der Causa sind kurios – und das ist noch vorsichtig ausgedrückt. Denn die Wettbewerbsverzerrung erfolgte mittels Demontage von Bahngleisen. Oder, um mit den Worten von Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager zu sprechen: „Nie zuvor hat ein Unternehmen Teile der öffentlichen Schieneninfrastruktur entfernt, um Wettbewerber auszuschließen. Das ist unerhört und nicht hinnehmbar.“

Im Kreuzfeuer der Kritik

Den Stein ins Rollen gebracht hat ein wichtiger Gewerbekunde der litauischen Bahn: die Raffinerie AB Orlen Lietuva. Das Unternehmen gehört dem polnischen Ölkonzern PKN Orlen und steht seit der politisch umstrittenen Übernahme der litauischen Raffinerie Mazeikiu durch die Polen im Jahr 2006 immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik – weil es angeblich nicht im Interesse Litauens agiert.

2008 gab es bei Orlen Lietuva Überlegungen zur Verlagerung des Frachtverkehrs von Litauen ins benachbarte Lettland – um einen Teil des Warentransports über den lettischen Hafen Ventspils abzuwickeln. Dafür sollten die Dienste eines anderen Bahnunternehmens in Anspruch genommen werden. Daraufhin entfernte die litauische Eisenbahn, die auch die Gleisinfrastruktur des Landes betreibt, im Oktober 2008 in der Nähe der Raffinerie von Orlen einen 19 Kilometer langen Gleisabschnitt an der Grenze von Litauen nach Lettland. Um Ventspils zu erreichen, hätte Orlen in der Folge einen weiten Umweg durch Litauen in Kauf nehmen müssen. Das Unternehmen ließ daraufhin von seinen Plänen ab – und brachte stattdessen eine Beschwerde in Brüssel ein. Die Kommission ging den Vorwürfen nach und brachte schlussendlich im Jahr 2013 ein Kartellverfahren ein.

Das Urteil der Brüsseler Behörde verpflichtet die litauische Eisenbahn auch dazu, die Zuwiderhandlung zu beenden. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2017)

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