EU-Staaten verabschieden Leitlinien für Brexit-Verhandlungen

Die Brexit-Verhandlungen könnten beginnen
Die Brexit-Verhandlungen könnten beginnenAPA/AFP/JOHN THYS
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Die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen können voraussichtlich im April beginnen, so Ratspräsident Donald Tusk.

Die EU hat ihre roten Linien für die Verhandlungen mit Großbritannien über die künftigen Beziehungen gezogen. Die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden 27 EU-Staaten verabschiedeten am Freitag bei ihrem Gipfel in Brüssel "Leitlinien" für die Gespräche, wie EU-Ratspräsident Donald Tusk im Kurzbotschaftendienst Twitter mitteilte.

Die Verhandlungen können damit voraussichtlich wie geplant im April beginnen, ein mögliches Freihandelsabkommen mit Großbritannien könnte aber erst nach dem EU-Austritt im März 2019 geschlossen werden. Danach soll eine knapp zweijährige Übergangsfrist bis Ende 2020 folgen, in der sich praktisch nichts ändert. In den kommenden Monaten soll nun besprochen werden, wie es ab 2021 weiter geht.

Die britische Regierungschefin Theresa May zeigte sich erfreut über die Leitlinien und erwarte nun eine "neue Dynamik" bei den Verhandlungen.

Die bisher bekannten Details: 

Austrittsabkommen

EU-Verhandlungsführer Michel Barnier und Brexit-Minister David Davis hatten am Montag eine Einigung über weite Teile des Austrittsvertrags verkündet. Dazu gehören Vereinbarungen zu den künftigen Rechten der EU-Bürger und den Finanzforderungen an London sowie für eine Übergangsphase bis Ende 2020. Dies begrüßten die Staats- und Regierungschefs nun, sie mahnten aber, dass die noch offenen Fragen geklärt werden müssen. Und sie wiederholten: "Nichts ist vereinbart, bis alles vereinbart ist."

Nordirland

Begrüßt werden auch "schriftliche Zusicherungen" von Premierministerin Theresa May mit Blick auf die Grenze zwischen Irland und Nordirland. Hier hatten die Verhandlungsführer beschlossen, ohne andere Vereinbarungen eine "Auffanglösung" in Kraft zu setzen. Demnach würde es für die britische Provinz bei einer "vollständigen Übereinstimmung" mit den Regeln zum EU-Binnenmarkt und der Zollunion bleiben. In der Praxis müssten Personen- und Warenkontrollen dann wahrscheinlich an eine "Grenze" zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs verlegt werden.

Kein Rosinenpicken

Bei den künftigen Beziehungen erteilen die Staats- und Regierungschefs Überlegungen aus London eine klare Absage, in Zukunft weiter Zugang nur zu bestimmten Teilen des EU-Binnenmarktes zu erhalten. Hier könne es "kein Rosinenpicken" in bestimmten Sektoren geben, heißt es. Denn dies würde "die Integrität und das gute Funktionieren des Binnenmarktes untergraben".

Freihandelsabkommen

Die EU stellt Großbritannien aber ein "ehrgeiziges und weitreichendes Freihandelsabkommen" in Aussicht. Beim Warenhandel bietet die EU dabei "die Beibehaltung von null Zöllen und keine mengenmäßigen Beschränkungen" an. Bei Fischerei will die EU "gegenseitigen Zugang" für Fangflotten wie bisher. Bei Dienstleistungen soll Marktzugang nach den Regeln des Ziellandes gelten.

Finanzdienstleistungen

Dieser für Großbritannien mit seiner mächtigen Finanzbranche wichtige Bereich findet sich nicht in den Leitlinien. Hierzu gibt es aber eine von den Europaministern verabschiedete Erklärung. Demnach ist Ziel "angemessener Zugang zu den Märkten für Finanzdienstleistungen", ohne Finanzstabilität und den Binnenmarkt in Gefahr zu bringen. Die Regeln würde die EU demnach aber "einseitig" festlegen.

Enge Partnerschaft auch in anderen Bereichen

Die EU will nach dem Brexit "eine so eng wie mögliche Partnerschaft" mit dem Vereinigten Königreich. Sie soll insbesondere den Kampf gegen Terrorismus und internationales Verbrechen umfassen sowie Sicherheit, Verteidigung und Außenpolitik. Auch in der Zusammenarbeit bei Strafverfolgung und Justiz sieht die EU "ein wichtiges Element" der künftigen Beziehungen.

Warnung vor Steuer- und Sozialdumping

"Unfaire Wettbewerbsvorteile" für Großbritannien will die EU verhindern. Sie warnt London konkret davor, die EU in den Bereichen Wettbewerb, Staatsbeihilfen und Steuern sowie über soziale, Umwelt- oder regulatorische Maßnahmen und Praktiken zu übervorteilen.

Kein Stimmrecht

Die EU will "ihre Autonomie mit Blick auf die Entscheidungsfindung" behalten, heißt es. Dies "schließt die Teilnahme des Vereinigten Königreichs als Drittstaat in den Institutionen der Union und die Teilnahme an der Entscheidungsfindung in Unionsorganen, Ämtern und Behörden aus".

Negative Brexit-Folgen

"Außerhalb der Zollunion und des Binnenmarktes zu sein, wird unweigerlich zu Reibungen im Handel führen", stellen die Staats- und Regierungschefs fest. Um den EU-Binnenmarkt zu schützen, seien Kontrollen nötig. "Dies wird unglücklicherweise negative wirtschaftliche Folgen haben, vor allem für das Vereinigte Königreich."

(APA/AFP/dpa)

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