EuGH stoppt Urwald-Abholzung in Polen

APA/AFP/WOJTEK RADWANSKI
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Polen verstoße mit der Rodung im Bialowieza-Urwald gegen das Naturschutzrecht der Union, urteilt der Europäische Gerichtshof. Die Ausbreitung des Borkenkäfers rechtfertige die Abholzung nicht.

Polen verstößt mit der Abholzung von Bäumen im geschützten Bialowieza-Urwald laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen das Naturschutzrecht der Union. Die Ausbreitung des Borkenkäfers rechtfertige nicht den Bewirtschaftungsplan und die Abholzung in dem Urwald, heißt es in dem am Dienstag in Luxemburg verkündeten Urteil.

Damit entsprach der Gerichtshof einer Klage der EU-Kommission gegen Polen in vollem Umfang. Der Urwald steht in Teilen unter dem Naturschutz der EU-Habitat-2000-Richtlinie und ist wegen seltener Tierarten ein "Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung". Nach Auffassung der EU-Kommission handelt es sich um einen der am besten erhaltenen Naturwälder Europas.

Sollte sich Polen nicht an das Urteil halten, kann die EU-Kommission nach Auskunft des Gerichtshofs erneut klagen und finanzielle Sanktionen beantragen. In dem vorangegangen Eilverfahren hatte der EuGH mit Zwangsgeldern in Höhe von 100.000 Euro täglich gedroht, falls Polen das vorläufige Abholzungsverbot bis zur der nun ergangenen Entscheidung in der Hauptsache missachtet.

Greenpeace-Aktivisten bewachten Urwald monatelang

Wegen der Ausbreitung des Buchdruckers hatte der polnische Umweltminister bis 2021 nahezu eine Verdreifachung des Holzeinschlags allein im Forstbezirk Bialowieza sowie Sanitärhiebe und Verjüngungsschnitte in Gebieten zugelassen, die laut EuGH "bis dahin von jeglichen Eingriffen ausgenommen waren". 2017 wurde dann auf der Hälfte des über 63.000 Hektar großen Natura-2000-Gebiets mit dem Fällen vom Buchdrucker befallener Bäume begonnen.

Den Richtern zufolge wurde im polnischen Bewirtschaftungsplan von 2015 aber nicht der Borkenkäfer als potenzielle Gefahr für das Naturschutzgebiet benannt, "sondern die Entfernung von ihm befallener hundertjähriger Fichten und Kiefern". Der EuGH kam deshalb zu dem Schluss, dass die großflächigen Abholzungen "zwangsläufig zur Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten" streng geschützter Käfer führten.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace begrüßte in einer Aussendung die Entscheidung, der eine jahrelange Kampagne der NGO vorausgegangen ist. Über mehrere Monate harrten Aktivisten - auch aus Österreich - inmitten des Urwalds aus, um die Rodungen zu überwachen und zu stoppen. Greenpeace forderte nach dem EuGH-Urteil nun von Polen, "den einzigartigen Bialowieza-Urwald endlich zum Nationalpark zu erklären".

20.000 Spezies bewohnen den Urwald

Der Wald von Bialowieza erstreckt sich über 150.000 Hektar entlang der Grenze zwischen Polen und Weißrussland. Teils sind die Wälder Schutzgebiete und zählen zum Weltnaturerbe und Biosphärenreservat der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Menschliche Eingriffe sind dort nur sehr eingeschränkt erlaubt, Besucher dürfen sich nur auf bestimmten Routen bewegen.

Im gesamten Wald sind 20.000 Spezies zu Hause, darunter 250 Vogel- und 62 Säugetierarten - wie zum Beispiel Europas größter Säuger, der Wisent. Auch Europas größte Bäume, 50 Meter hohe Tannen, stehen im Bialowieza-Urwald. Das Natura-2000-Netz verbindet Schutzgebiete in der gesamten EU und macht mehr als 18 Prozent der EU-Landfläche sowie sechs Prozent der Meeresfläche aus.

(APA/AFP)

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