EU-Parlament zeichnet ukrainischen Regisseur Senzow mit Sacharow-Preis aus

REUTERS/Sergey Pivovarov /File Photo
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Der Ukrainer Oleg Senzow sei eine Symbolfigur des Widerstands gegen die Besetzung der Krim durch Russland. Er ist in einem umstrittenen Prozess zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.

Der in Russland inhaftierte ukrainische Filmemacher Oleg Senzow bekommt den diesjährigen Sacharow-Menschenrechtspreis. Das gab EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani am Donnerstag in Straßburg bekannt. Senzow sei zum Symbol geworden für die Befreiung der politischen Häftlinge in Russland und weltweit, sagte Tajani.

"Das Europäische Parlament möchte seine Solidarität mit ihm und seinem Anliegen bekunden. Wir fordern seine unmittelbare Freilassung." Senzow befinde sich in einem kritischen Gesundheitszustand, sein Leben sei in Gefahr.

Senzow war 2015 in einem umstrittenen Prozess in Russland zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden - wegen angeblich geplanter Terroranschläge. Er fordert die Freilassung Dutzender ukrainischer Gefangener aus russischen Straflagern. Der Regisseur wurde 2014 nach der russischen Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim festgenommen. Zuletzt machte er Schlagzeilen, weil er in einen Hungerstreik getreten war. Diesen beendete er aber nach 144 Tagen. Er habe verhindern wollen, dass er zwangsernährt werde, hatte der Regisseur angegeben.

Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin reagierte mit einem historischen Vergleich auf die Auszeichnung des Ukrainers. "Senzow wird für Russland derjenige, der Sacharow für die UdSSR wurde", schrieb er auf Twitter. Der Friedensnobelpreisträger und Physiker Andrej Sacharow (1921-1989) engagierte sich in der Sowjetunion für Menschenrechte und setzte sich unter anderem für politische Häftlinge ein. Zwischen 1980 und 1986 lebte er in der Verbannung unter KGB-Aufsicht in Gorki (Nischni Nowgorod).

Moskau lehnte Gnadengesuch mehrmals ab

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko schrieb auf Twitter, er sei dankbar für die Ehrung Senzows. "Ich bin überzeugt davon, dass diese Entscheidung den Moment der Befreiung Oleg Senzows näher rückt." Aus Moskau kam vorerst keine Reaktion.

Das Europäische Parlament verleiht den Sacharow-Preis seit 1988 jährlich und ehrt damit besonderes Engagement für Menschenrechte. Die Fraktionen können die Kandidaten vorschlagen, die Fraktionsvorsitzenden wählen schließlich den Preisträger. Senzow war der Kandidat der Christdemokraten. Die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung wird am 12. Dezember verliehen.

Senzows Mutter hatte sich mehrfach mit einem Gnadengesuch an die russischen Behörden gewandt. Das wurde vom Kreml jedoch wiederholt abgelehnt. Der Ukrainer müsse das Gesuch selbst stellen, hieß es. Der Filmemacher schrieb nach eigener Darstellung im russischen Straflager bereits sein Testament. "Dass ich bald freikomme und wir glücklich in Kiew leben werden, glaube ich schon nicht mehr", zitierte ihn seine Cousine Kaplan, an die er das Schreiben schickte.

Auch für Friedensnobelpreis vorgeschlagen

Das ukrainische Parlament hatte Senzow sogar für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. "Während der gesamten Haftzeit zeigt Oleg Senzow ein Beispiel für Heldenmut und gewaltfreien Widerstand gegen den Besatzerstaat", hieß es in dem Antrag, den die Parlamentarier mehrheitlich beschlossen. Die höchste politische Auszeichnung ging in diesem Jahr jedoch an die irakische Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad und an den kongolesischen Arzt Denis Mukwege, der Vergewaltigungsopfer behandelt.

Für den Sacharow-Preis waren neben Senzow auch der marokkanische Regierungskritiker Nasser Zefzafi und eine Gruppe verschiedener Organisationen nominiert, die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer aus Seenot retten. Im vergangenen Jahr wurde die venezolanische Opposition geehrt.

(APA)

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