In der May-Nachfolge setzen beide Kandidaten auf Härte gegenüber der EU – nicht auf Realitätssinn. Neuverhandlungen sollen den ungeliebten Deal mit Brüssel doch noch verändern.
London. Wenn alles nach Plan läuft, hat die neue EU-Führung ein Thema nicht mehr am Hals, das Brüssel seit drei Jahren wie wohl kein zweites beschäftigt: den Brexit. Beide Kandidaten um die Nachfolge der scheidenden britischen Premierministerin, Theresa May, wollen um jeden Preis zum aktuellen Stichtag 31. Oktober aus der EU austreten: „Wir bluffen nicht“, bekräftigte Boris Johnson zuletzt erneut in einem Interview. „Die EU wird uns tief in die Augen blicken und erkennen müssen: Sie gehen wirklich, diese Briten.“
Erst einen Tag danach, am 1. November, wird – sollte sie vom EU-Parlament gewählt werden – Ursula von der Leyen die Nachfolge von Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsidentin antreten. Sollte es tatsächlich zu dem von Johnson beschworenen „No-Deal-Brexit“ kommen, wird aber der Stress erst so richtig einsetzen.
Denn in diesem Fall scheidet Großbritannien ohne Übergangsfristen und Regelungen aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion aus. Mit bis zu 90 Milliarden Pfund beziffert Schatzkanzler Philip Hammond die Kosten. Eine Rezession der ohnehin schwächelnden britischen Wirtschaft sei unausweichlich, meint die Ratingagentur Moody's.