Südafrika

Gesetz gefährdet letzte Nashörner

Afrikas Breitmaulnashörner (auch Weiße Nashörner) werden wegen ihrer angeblich magisch wirksamen Hörner von Wilderern massiv bejagt.
Afrikas Breitmaulnashörner (auch Weiße Nashörner) werden wegen ihrer angeblich magisch wirksamen Hörner von Wilderern massiv bejagt.(c) EPA
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Weil Wilderer den Kolossen zusetzen, will Pretoria den Handel mit den in Asien begehrten Hörnern erlauben, um Preis und Anreiz zu senken. Das könnte ein Irrtum sein.

Kapstadt. Die Wilderer stürmten das „Fundimvelo Thula Thula“-Nashorn-Waisenheim an einem Montagabend. Sie missbrauchten eine Bedienstete der Farm und hackten dann die Hörner von zwei Breitmaulnashörnern ab. Die nur 18 Monate alten Tiere starben an den Verletzungen. Eigentlich hätten ihre Hörner wenige Tage später entfernt werden sollen, um sie in freier Wildbahn vor Wilderern zu schützen. Zu spät.

2016 wurden in Südafrika 1054 der mächtigen Säuger illegal getötet, heuer werden wohl erstmals weniger geboren als sterben. In Südafrika entscheidet sich der Kampf um das Überleben der bedrohten Art, denn drei Viertel ihres Bestandes leben dort. Glaubt man Umweltschützern, geht der Kampf wegen einer anstehenden Gesetzesnovelle verloren. Glaubt man Nashorn-Züchtern, wird er deshalb gewonnen: Sie klagten gegen ein Gesetz, das Handel mit dem Horn im Land verbietet. Seit Jahren beschäftigt der Fall die Gerichte, stets legte die Regierung Revision gegen Urteile ein, die den Klagen stattgegeben hatten. Nun aber gab das Verfassungsgericht den Farmern Recht.

„Das Verbot macht das Horn wertvoller“

Ein Kläger war John Hume, der nahe Johannesburg die mit 1100 Tieren weltgrößte Nashornfarm besitzt. Er entfernt die Hörner kontrolliert, was für die Kolosse traumatisch, aber nicht tödlich ist, denn sie wachsen nach. „Das Verbot machte das Horn immer wertvoller“, sagt Hume. „Ohne es wäre der Preis nie so gestiegen.“ In der Tat werden auf dem Schwarzmarkt in Vietnam und China teils höhere Preise für die Hörner bezahlt als für Gold oder Kokain. Kürzlich brachen Wilderer in einen Zoo in Frankreich ein und töteten ein Nashorn. Es zeiget sich, dass sie pro Kilogramm Horn 54.000 Dollar kassiert hatten. Es gilt als Statussymbol und Wundermedizin, Letzteres ist wissenschaftlich unbelegbar. Das Horn besteht weitgehend aus dem gleichen Material wie menschliche Fingernägel.

Sobald aber der Markt mit legalem Horn geflutet wird, würde der Preis, somit der Anreiz für Wilderer, sinken, sagen die Farmer. Simon Jones von der britischen Tierschutzorganisation „Helping Rhinos“ hält dagegen: International bleibe der Verkauf der Hörner ja verboten, aber Südafrikas Legalisierung erleichtere den Schmuggel. „Es wird schwieriger, Korruption aufzudecken“, sagt Jones, „die Nachfrage in Südafrika ist gleich null“.

Man könne aber kaum den Export verhindern. Der Gesetzesentwurf sieht sogar vor, dass Ausländer zwei Hörner „für persönlichen Nutzen“ mitnehmen können. „Machen wir uns nichts vor: Der Nutzen ist der Verkauf“, sagt Jones. Was im Ausland mit den Hörnern passiere, bleibe verborgen, daran würden auch die geplanten Bestimmungen nichts ändern, wonach die Hörner nur über Johannesburg ausgeflogen und binnen dreier Jahre nicht zermahlen werden dürfen.

Ende Mai könnte das Gesetz verabschiedet werden, es würde Fortschritte zerstören, sagt Jones. Mühsam hatten Tierschützer Schlupflöcher der Wilderer schließen können. Etwa, als 2011 ein Vietnamese Prostituierte zur Jagd schickte, wo diese – das war und ist noch grundsätzlich erlaubt – die Hörner erlegter Tiere als Trophäe behalten durften und nach Vietnam brachten, wo sie ihr Chef verkaufte. Seither bekommen Vietnamesen keine Jagdgenehmigungen mehr.

Kommt binnen 15 Jahren das Ende?

Jones fürchtet, dass die Legalisierung die Nachfrage, somit die Tötungen, steigert. „Viele in Asien hält die Illegalität vom Kauf ab. Wenn die Verkäufer den Anschein erwecken können, dass es nicht mehr verboten ist, fällt diese Barriere.“ 2016 gelang es, die Zahl der getöteten Nashörner um zehn Prozent gegenüber 2015 zu senken. Doch Tierschützer argwöhnen, dass binnen 15 Jahren die Tiere großteils ausgestorben sein könnten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2017)

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