Schüsse wegen Fake News: Vier Jahre Haft für US-Amerikaner

REUTERS/Courtesy U.S. Attorney's Office for the District of Columbia/Handout via REUTERS
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Der 28-Jährige "ermittelte" im sogenannten Pizzagate-Fall gegen einen angeblichen Pädophilenring unter der Leitung Hillary Clintons und schoss in einer Pizzeria um sich.

Ein "Fake News"-Bericht im US-Wahlkampf um einen angeblichen Washingtoner Pädophilenring hätte im vergangenen Jahr beinahe tödliche Folgen gehabt - nun ist ein 28-Jähriger im sogenannten Pizzagate-Fall wegen Selbstjustiz zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Mit dem am Donnerstag verkündeten Urteil blieb ein Washingtoner Bundesrichter nur knapp unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Höchststrafe von fünf Jahren.

Der 28-jährige Edgar Welch war nach eigenen Angaben Ende vergangenen Jahres von North Carolina nach Washington gereist, um selbst in dem von erzkonservativen Medien propagierten "Pizzagate"-Fall zu "ermitteln". Die demokratische Rivalin des heutigen Präsidenten Donald Trump, Hillary Clinton, war im Wahlkampf von ihren Gegnern als Chefin eines Pädophilenrings bezeichnet worden, der sich in einem beliebten Pizzarestaurant in der Hauptstadt treffe.

Richterin fordert Signal gegen Selbstjustiz

Welch hatte das Restaurant am 5. Dezember gestürmt und mit einem Gewehr um sich geschossen. Verletzt wurde niemand. Richter Ketanji Brown Jackson folgte der Argumentation der Staatsanwaltschaft, dass von dem Urteil ein klares Signal gegen Selbstjustiz ausgehen müsse. Welch hatte zu seiner Verteidigung vorgebracht, er sei in der Absicht nach Washington gefahren, "Menschen zu helfen". Die "Möglichkeit menschlichen Leids" habe ihn sehr mitgenommen.

Doch die Anklage hielt ihm entgegen, er habe sich bewaffnet, um sich "nicht existierenden Kriminellen entgegenzustellen". Der Angeklagte habe "unschuldige Familien und Angestellte terrorisiert, die einfach nur ihren Sonntagnachmittag in einem Restaurant in der Nachbarschaft genießen wollten".

Die Falschnachrichten über den angeblichen Pädophilenring wurden damals unter anderem von dem Sohn des kurzzeitigen Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn verbreitet. Michael G. Flynn musste damals wegen der Weiterverbreitung der Fake News das Übergangsteam des designierten Präsidenten verlassen.

Hardliner Flynn verbreitete Falschnachrichten

Anfang November, vor der US-Wahl, hatte sein Vater ebenfalls Links zu dem angeblichen "Pizzagate"-Fall verbreitet. Zudem twitterte er, in neu aufgetauchten E-Mails Clintons gebe es Hinweise auf Geldwäsche und Sex mit Kindern. Der Hardliner Flynn ist ein pensionierter Drei-Sterne-General und früherer Chef des Militärgeheimdienstes DIA. Wegen seiner dubiosen Russland-Kontakte musste er seinen Posten als Nationaler Sicherheitsberater im Februar nach wenigen Wochen im Amt wieder aufgeben.

Clinton hatte mit Blick auf die "Pizzagate"-Falschmeldung gewarnt, der Fall zeige, wie die zunehmende Verbreitung von "Fake News" Folgen im echten Leben habe. In einer Rede forderte sie Anfang Dezember Gegenmaßnahmen zum Schutz von Demokratie und Menschenleben.

(APA/AFP/dpa)

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