Tier-Trend in Tokio: Eulen zum Kaffee

Selfie mit Eule: Das Streicheln und Beobachten von Tieren ist in Tokioter Cafés derzeit populär.
Selfie mit Eule: Das Streicheln und Beobachten von Tieren ist in Tokioter Cafés derzeit populär.(c) Reuters
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In Tier-Cafés können Besucher Katzen, Hunde und Vögel zum Streicheln buchen. Das Phänomen lockt auch immer mehr ausländische Touristen in die Lokale mit dem strengen Geruch.

Tokio. Irgendwann begann es recht harmlos und überschaubar mit Hunden und Katzen, die erschöpfte, einsame oder gelangweilte Tokioter in spezielle Cafés lockten. Dort können sie die Vierbeiner, die zu Hause keinen Platz haben oder nicht geduldet sind, bei Kaffee oder Tee für einen nicht zu kleinen Aufpreis streicheln, füttern und mit ihnen reden.

Da diese tierisch-gastronomischen Einrichtungen auf der Suche nach andersartiger Zerstreuung schnell zu einem Riesenerfolg wurden, folgten bald Themenvarianten mit Kaninchen, Ziegen und diversen Vögeln. Inzwischen bereichern Cafés mit Schlangen, Igeln oder Pinguinen das Repertoire dieser skurrilen Etablissements, die allerdings immer wieder aus Gründen des Tierschutzes und auch hinsichtlich der Hygiene kritisiert werden.

Schlangen im Körbchen

In „Harry's Hedgehog Café“ in der berühmten Nightlife-Meile Roppongi geht es den Igeln vergleichsweise gut, da sie als Nachtschwärmer während der Öffnungszeiten von zwölf bis 21 Uhr schlafen dürfen. Der Gast bekommt die kleinen Geschöpfe in einer Box quasi am Tisch „serviert“ und kann sie für umgerechnet rund acht Euro 30 Minuten lang beobachten. So ähnlich läuft das Geschäftsprinzip auch mit den meist sehr kleinen Schlangen, die im Körbchen gebracht werden.

Greifvögel an langen Leinen

Im „Falconer“ in der Nähe des bekannten Anime-Ghibli-Museums flattern die Greifvögel an langen Leinen herum, wenn auch in sehr beschränktem Umkreis. Das Personal und große Poster erzählen viel über das normale Leben dieser Tiere in luftiger Freiheit. Im Raum ist nur das Zuschauen erlaubt, Anfassen und Fotografieren sind jedoch strikt verboten.

Der neueste Trend beim kuriosen Boom mit Tieren aller Art sind Eulen, was sicher mit den auch in Japan populären „Harry Potter“-Büchern und -Filmen zu tun hat. Die meist nachtaktiven Vögel, die in Österreich geschützt sind, sind auch in Fernost eher eine Seltenheit. Im „Owls Village“ sind nur tagtaugliche Vögel im Dienst.

Die Gäste können die Tiere auf dem Arm halten, tätscheln und füttern. Wer das möchte, sollte vorab online reservieren – die Zahl der Plätze und Vögel ist sehr limitiert. Die „Besuchszeit“ ist in jedem Fall auf eine Stunde beschränkt.

Eine besondere Atmosphäre hat das „Akiba Fukurou“ im Tokioter Szeneviertel Akihabara. Das äußerlich unauffällige Geschäftslokal ist für Fans von Eulen ein fantasievoller Themenpark mit Kristalllüstern, uniformierten Mitarbeitern und 20 Vögeln, die alle lustige Namen haben und es gewohnt sind, angefasst, herumgetragen und fotografiert zu werden. Das im Jahr 2014 eröffnete Café zeigt in einer Art Show, wie die Eulen von der Stange weg und wieder dorthin befördert werden.
Im Hintergrund spielt sanfte klassische Musik. Pro Stunde sind maximal 14 Besucher zugelassen, was eine gewisse Exklusivität erzeugt.

Eulen sind nicht stubenrein

Das ebenfalls beliebte „Fukuro no sato“ – das Eulendorf – liegt im Trendviertel Harajuku und erklärt mit englischen Anleitungen, wie mit den Tieren umzugehen ist. Das Personal berät bei der Auswahl der verschiedenen Eulen und ist zur Stelle, wenn etwas schiefläuft.

Hier sind der Bereich, in dem das Getränk serviert wird, und die Eulen-Abteilung aus hygienischen Gründen getrennt, vor und nach der „Session“ werden die Hände desinfiziert. Auf unliebsame Überraschungen sollte man vorbereitet sein. Wer nur ein exotisches Erlebnis sucht, könnte sich vermutlich wundern bis ärgern. Die Tiere sind natürlich nicht stubenrein. So mancher ahnungslose Besucher ist entsetzt über die teilweise strengen Gerüche und die völlig natürlich-unbekümmerte Art der Tiere, ihre Notdurft zu verrichten – zuweilen auch über den Köpfen der Gäste.

Anziehungspunkt für Besucher

Längst sind es nicht nur Japaner, die inmitten der Menschenmassen in den Megacitys diesen speziellen Ausgleich suchen. Die Tier-Cafés sind trotz der vielen Kontroversen auch zu Topadressen für die vielen Touristen geworden, die in Japan das besondere Erlebnis suchen.

Tempel, Wolkenkratzer, heiße Quellen, bezaubernde Gärten? Japans klassische Sehenswürdigkeiten sind schön und gut. In den sozialen Netzwerken aber landen die skurrilen Neuzugänge wie die mit Eulen bestückten „Akiba Fukurou“ oder „Owls Village“ immer häufiger in den Hitlisten für ausländische Besucher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2017)

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