Frankreich: Eine Jihadistin will nach Hause zurück

Darf nicht in Frankreich einreisen: Émilie König.
Darf nicht in Frankreich einreisen: Émilie König. (c) APA/AFP/YPG Press Office/HANDOUT
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Émilie König hat Propaganda für den IS betrieben, nun ist sie in kurdischer Gefangenschaft. Paris verweigert ihr die Einreise – und verlangt einen Prozess in Syrien.

Paris/Wien. Was passiert mit Émilie König? Soll sie wieder in ihr Heimatland einreisen dürfen oder in Syrien bleiben? Frankreich diskutiert heiß über diese Frage, ist König doch eine der prominentesten Figuren, die sich dem sogenannten Islamischen Staat (IS) angeschlossen haben. 2012 reiste die heute 33-jährige Französin in das Bürgerkriegsland ein, nannte sich dort Ummu Tawwab, verbreitete in sozialen Medien islamistische Propagandavideos und soll junge Frauen für den IS rekrutiert haben. König war offenbar mehr als eine Mitläuferin. Sie erscheint auf internationalen Terrorlisten, und bis zu ihrer Verhaftung durch kurdische Truppen soll sie sich im Kampf dagegen gewehrt haben.

In einem jüngst veröffentlichten Video ist die Französin geschminkt mit einem rosafarbenen Pullover zu sehen, sie erzählt davon, dass sie bei den Kurden alles Nötige habe, die Behandlung sei gut. Nur wenige Tage zuvor sagte Königs Mutter in französischen Medien, dass ihre Tochter gefoltert und befragt werde. Émilie wolle zurück, so die Mutter; sie habe einen Fehler gemacht und wolle sich bei ihrer Familie und ihrem Land entschuldigen.

Das Land hat eine andere Meinung. Französische Behörden verweigern König und mehreren anderen Jihadistinnen die Einreise: Sie sollen in Syrien vor Gericht kommen. Die Kurden bereiten offenbar einen Prozess gegen König vor, aber die Kurdenregion ist kein eigener, anerkannter Staat. Dieses Verfahren bewegt sich, wie die „New York Times“ schreibt, in einer rechtlichen Grauzone, zumal die Todesstrafe in Syrien grundsätzlich möglich ist und europäische Länder von einem fairen Prozess für ihre Bürger ausgehen müssen.

Kurz bevor sie nach Syrien einreiste, tauchte Émilie König in einer Dokumentation der Filmemacherin Agnès De Féo auf. König war zu dem Zeitpunkt bereits vollverschleiert, verließ mit ihrem Niqab das Haus, wiewohl das in Frankreich verboten ist. „Émilie hat eine große Wut in sich“, sagt De Féo, „Sie hatte einen Hass auf die Gesellschaft. Ihr Leben war eine Aneinanderreihung von Misserfolgen: beruflich, familiär, persönlich.“

König wuchs in der Stadt Lorient in der Bretagne auf, ihre Eltern trennten sich früh. De Féo beschreibt sie als eine Person, die immer nach Möglichkeiten für eine Provokation gesucht habe. Mit 23 heiratete sie ihren ersten Mann, einen „nicht gläubigen Algerier“, der in Drogengeschäfte verwickelt war und schließlich wegen häuslicher Gewalt verhaftet wurde. Mit ihm hat sie zwei Kinder, die sie verließ, um sich dem Jihad anzuschließen. In Syrien bekam König weitere drei Kinder.

Nach der Scheidung zog sie nach Paris. Zu diesem Zeitpunkt war König bereits konvertiert: Sie habe sich selbst dazu entschlossen, erzählte sie De Féo. In der Hauptstadt geriet sie in salafistische Kreise, berichten französische Medien. So soll sie etwa Kontakte zu Forsane Alizza gepflegt haben, einer radikalislamischen, bewaffneten Gruppe. Dass sie unbedingt nach Syrien wolle, sagte König schon in De Féos Film. (duö)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2018)

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