Schweiz rätselt über Absturz von "Tante Ju"

Die "Ju-52" zerschellte mit zwanzig Menschen an Bord in den Alpen.
Die "Ju-52" zerschellte mit zwanzig Menschen an Bord in den Alpen.APA/AFP/FABRICE COFFRINI
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Die Ermittlungen im Fall der abgestürzten Oldtimer-Maschine sind schwierig - ohne Blackbox, ohne Radaraufzeichnungen, ohne Überlebende. Es gibt Spekulationen über einen Ströumungsabriss.

Nach dem Absturz des Oldtimer-Flugzeuges "TanteJu" in der Schweiz laufen die Ermittlungen der Unfallforscher auf Hochtouren. Warum die Maschine mit 20 Menschen an Bord - darunter ein Ehepaar aus Niederösterreich mit seinem Sohn - am Samstag auf einem Fels in den Bergen des Kantons Graubünden zerschellte, war bis Montag nicht annähernd geklärt.

"Die Bergungsarbeiten werden voraussichtlich noch mindestens zwei Tage andauern", sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft. "Die Bundesanwaltschaft ist zuständig für allfällige an Bord eines Luftfahrzeuges begangenen Handlungen, die zu einem Flugunfall oder einem schweren Vorfall führen."

Daraus ließen sich aber keine Rückschlüsse auf mögliche Erkenntnisse über Ereignisse an Bord ziehen, betonten Experten. Vielmehr gehören diese Ermittlungen routinemäßig zur Aufgabe der Bundesanwaltschaft. Was technisch der Auslöser für das Unglück war, ermitteln Flugexperten der Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST).

Die Piloten hatten keinen Notruf abgesetzt und die Maschine war praktisch senkrecht und mit hoher Geschwindigkeit abgestürzt. Die 79 Jahre alte Maschine vom Typ Junkers Ju-52 war seit der Ausmusterung aus der Luftwaffe Anfang der 1980er-Jahre ohne Unfall bei touristischen Alpenflügen im Einsatz.

Spekulation über Strömungsabriss und Hitze

Der Militär- und Zivilluftfahrtexperte Hansjörg Egger mit langjähriger Luftwaffenerfahrung spekulierte über einen Strömungsabriss. "Ein Strömungsabriss kann eintreten, wenn die Geschwindigkeit zu tief ist - etwa nach einer scharfen Kurve", sagte er der Zeitung "Blick". "In den Bergen fliegt die Ju in geringer Höhe über Boden. Da bleibt keine Zeit, die Maschine abzufangen. Wie es dazu gekommen sein könnte, sei aber rätselhaft. Bei einem Strömungsabriss haben Flugzeuge nicht mehr genügend Auf- oder Vortrieb.

Zuvor war bereits das heiße Wetter als möglicher Faktor genannt worden. Bei hohen Temperaturen ist die Luft dünner und das Fliegen anspruchsvoller, weil etwa beim Starten oder in den Kurven weniger Leistung zur Verfügung steht, wie Daniel Knecht von der Unglücksuntersuchung erklärte. Erfahrene Piloten könnten damit aber umgehen. Die Ermittler werden untersuchen, ob das seit Tagen anhaltende Wetter mit den hohen Temperaturen eine Rolle spielte. "Wir schließen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts aus", sagte Knecht am Sonntag bei einer Pressekonferenz.

Keine Blackbox

Die Ermittler haben anders als bei moderneren Maschinen keinerlei technische Informationen, die bei der Ursachenforschung helfen könnten. So alte Flugzeuge haben keine Blackboxen an Bord, die Gespräche im Cockpit und technische Daten wie Flughöhe, Geschwindigkeit und mögliche Geräteausfälle dokumentieren und bei Abstürzen in der Regel intakt bleiben. Deshalb müssen sich die Schweizer Experten auf eine Analyse der Trümmerteile verlassen, die auf mehr als 2.500 Metern Höhe geborgen werden.

Die Maschine gehörte der Ju-Air, die ein Verein von Flugenthusiasten betreibt. Dem Verein gehörten insgesamt drei Ju-52 und er bot damit touristische Ausflüge an. Mehr als 14 000 Passagiere hat die Fluggesellschaft Ju-Air in 35 Jahren bei Rundflügen über die Alpen geflogen. Im Volksmund werden die alten Flieger "TanteJu" genannt. Ju-Air hat den Flugbetrieb bis auf weiteres eingestellt.

(APA/dpa)

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