Papst Franziskus hat mit der „Kultur des Schweigens“ gebrochen und einbekannt, dass es in seiner Kirche zum sexuellen Missbrauch von Ordensfrauen gekommen sei. Er will etwas dagegen unternehmen.
Vatikanstadt. „Es stimmt, es gibt dieses Problem“, kam auf dem Rückflug von Abu Dhabi nach Rom in der Nacht zum Mittwoch das lange geforderte Einbekenntnis von Papst Franziskus. Das Problem: Der sexuelle Missbrauch von Nonnen in der katholischen Kirche, zu dem das Oberhaupt dieser Kirche bisher beharrlich geschwiegen hatte. Zuletzt hatte deshalb auch die Internationale Vereinigung der Generaloberinnen, die weltweit eine halbe Million Ordensschwestern vertritt, öffentlich über eine „Kultur des Schweigens“ geklagt.
Jetzt bestätigte Papst Franziskus: „Ich weiß, dass Priester und auch Bischöfe das getan haben (sexuellen Missbrauch verübt, Red.). Und ich glaube, es wird immer noch getan.“ Er fügte hinzu: „Muss man mehr gegen das Problem unternehmen? Ja. Wollen wir das auch tun? Ja.“
„Wie Sklavinnen behandelt“
Der Heilige Stuhl beschäftige sich schon seit einiger Zeit mit dem Missbrauchsproblem, einige weibliche Glaubensgemeinschaften seien deswegen aufgelöst, einige Kleriker suspendiert worden. In einem Fall seien Frauen „wie Sklavinnen behandelt“ worden; das sei bis zur „sexuellen Sklaverei“ durch Kleriker und den Gründer einer Gemeinschaft gegangen. Der damalige Papst Benedikt XVI. habe diese Gemeinschaft sofort nach seinem Amtsantritt gegen starke Widerstände aufgelöst. „Das zeigt, dass Benedikt keinesfalls schwach gewesen ist, sondern sehr mutig.“
Die Misshandlung von Frauen sei freilich kein innerkirchliches, sondern ein generelles Problem: „Die Frau ist Mensch zweiter Klasse. Es ist ein kulturelles Problem. In manchen Ländern geht die Misshandlung bis zum Frauenmord.“
Zu den Missbrauchsskandalen, die die katholische Kirche seit Jahren in trübes Licht rücken, hat Papst Franziskus für Ende Februar ein Treffen einberufen, zu dem die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aus aller Welt geladen sind.
Die ehemalige Ordensschwester, Theologin und Autorin Doris Reisinger erwartet nun konkrete Maßnahmen vom Papst: „Wenn das jetzt zugegeben wird, dann muss das auch Konsequenzen haben.“ Bloßes Zugeben, ohne dabei konkret zu werden, fühle sich für Betroffene an, als ob man sich über sie lustig machen wolle.
170.000 bei Papstmesse
Die wieder aufgeflammte Missbrauchsdiskussion drängte die insgesamt extrem erfolgreich verlaufene, historische Papstreise auf die arabische Halbinsel sogleich in den Hintergrund. Am Dienstag hatten in Abu Dhabi 170.000 Christen, fast nur Gastarbeiter, mit dem Papst eine Messe unter freiem Himmel gefeiert. (APA, dpa, afp)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2019)