Musikschulen fürchten um Nachwuchs

Musikschulen fuerchten Nachwuchs
Musikschulen fuerchten Nachwuchs(c) FABRY Clemens
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Durch Kooperationen wollen die heimischen Musikschulen in die Regelschulen miteingebunden werden. Rechtlich gestaltet sich das bislang aber sehr schwierig.

Wien. Die Sorge der Musikschulen ist groß: Angesichts des Ausbaus ganztägiger Schulformen fürchten sie um ihren Nachwuchs. Denn: Wer den ganzen Nachmittag in der Schule verbringt, dem fehlt die Zeit für den Musikschulbesuch. Sie wollen deshalb direkt in der Schule präsent sein. Rechtlich ist das aber schwierig.

Wie die Zahlen zeigen, ist diese Angst nicht unbegründet. Rund drei Viertel der Musikschüler sind im Pflichtschulalter – und damit potenziell vom anstehenden Ausbau der ganztägigen Schulformen betroffen. Geschätzt wird, dass ein Drittel davon in den nächsten fünf bis zehn Jahren tatsächlich ganztägige Schulformen besuchen wird. Das wären 51.000 Musikschüler.

Um die Schüler nicht zu verlieren und um das Erlernen eines Instruments einer breiten Masse zu ermöglichen, setzen immer mehr Musikschulen auf Kooperationen mit Pflichtschulen. So etwa die Musikschule Traismauer in Niederösterreich. Hier ist man eine Kooperation mit der Neuen Mittelschule (NMS) Traismauer eingegangen. Neben der „normalen“ Musikstunde, die vom NMS-Lehrer gehalten wird, erhalten die Schüler die Möglichkeit, ein Instrument an der naheliegenden Musikschule zu erlernen – während der Unterrichtszeit. Eine Kooperation, die sich wie viele andere im rechtlichen Graubereich abspielt.

Kostenfrage als Streitpunkt

Denn laut Gesetz sind Musikschullehrer nicht berechtigt, an Regelschulen zu unterrichten. Und das, obwohl sie ein mindestens zwölfsemestriges Studium im Bereich „Instrumental-(Gesangs-)Pädagogik (IGP)“ absolviert haben. An den Regelschulen gelten sie dennoch als schulfremde Personen und müssen stets von einem Schullehrer begleitet werden.

Das ist nicht die einzige rechtliche Bestimmung, die derartige Kooperationen schwierig macht. Auch die im Gesetz verankerte Schulgeldfreiheit macht einen Instrumental- oder Gesangsunterricht, der von Musikschullehrern erteilt wird, schwierig. Denn immerhin muss der durch die Musikschullehrer geleistete Unterricht auch abgegolten werden.

Mit diesen rechtlichen Barrieren befasst sich bereits eine eigene, vom Unterrichtsministerium initiierte Arbeitsgruppe „Schule – Musikschule“. Forderung: Eine Novellierung des Beamten- bzw. Landeslehrerdienstrechts. So soll gewährleistet werden, dass Musikschullehrer phasenweise an einer Regelschule unterrichten können. Und ihnen nicht nur die Aufsichtspflicht zuteil wird. Eine mögliche Lösung wird auch für die anfallenden Kosten gesucht. Für die Tagesbetreuung wird derzeit bereits Betreuungsgeld eingehoben, dabei könnte auch Geld für den Instrumentalunterricht eingehoben werden.

Ein Problem gibt es aber: Das Betreuungsgeld wird vom Bund eingehoben, die Musikschullehrer aber großteils von Ländern und Gemeinden finanziert. Es scheint also unwahrscheinlich, dass der Bund diese Kosten übernehmen wird. Genauso wenig werden die Gemeinden und Länder auf diesen Anteil verzichten.

„Nein“ zu Freizeitpädagogen

Einen ersten Lichtblick für die Kooperationen zwischen Musik- und Regelschulen hat es dennoch bereits gegeben: Bei der Landeshauptleutekonferenz Anfang Oktober unterzeichneten diese eine Willenserklärung, eine verstärke Kooperation zu unterstützen. Das Ministerium zeigt sich noch zögerlich. Immerhin gebe es nicht nur die Musikschulen, sondern eine Vielzahl an anderen Vereinen und Institutionen, die mit Schulen kooperieren wollen. Nicht allen könne man das ermöglichen.

Anstatt die rechtliche Situation der Musikschullehrer zu verbessern, hat das Ministerium daher eine zweisemestrige, berufsbegleitende Ausbildung zum „akademischen Freizeitpädagogen“ geschaffen. Die Freizeitpädagogen sollen die Kinder in der lernfreien Zeit betreuen. Die Matura ist für die Absolvierung der Ausbildung nicht notwendig, angesprochen werden sollen vor allem die Mitarbeiter von Sport-, Musik- und Kulturvereinen.

Das sorgt bei den Musikschullehrern für Unmut. Man wolle sich nicht „downgraden“ lassen, meint etwa Walter Rehorska, der Leiter der Arbeitsgruppe „Schule – Musikschule“. Immerhin sei man keine Freizeit-, sondern eine Bildungseinrichtung. Außerdem würden die Musikschulen, die zu einem großen Teil das Öffentlichkeitsrecht besitzen, einen Bildungsauftrag erfüllen, sagt Peter Röbke, Leiter des Instituts für Musikpädagogik an der Musik-Uni Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2011)

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