Die Regierung will über mehr Sozialarbeiter und Schulpsychologen verhandeln. Experten sind für eine Entlastung der Lehrer, sehen sie aber bei „täglichen Problemen“ gefordert.
Wien. Die künftigen Gehälter für Junglehrer und, wenn es nach den Plänen der Bundesregierung geht, die längere Anwesenheitspflicht für Pädagogen in der Schule lösen zwar die meisten Diskussionen bei der geplanten Reform des Dienstrechts und der Besoldung aus. Ein Teil der Änderung betrifft aber auch das Vorhaben, Pädagogen durch mehr Personal in den Schulsekretariaten und durch Sozialarbeiter und Schulpsychologen zu entlasten. Dadurch sollen sie sich vermehrt auf den Unterricht konzentrieren können.
Noch sind den Lehrergewerkschaftern die entsprechenden Zusagen von Unterrichtsministerin Claudia Schmied und Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (beide SPÖ) zu vage, Experten befürworten dieses Vorhaben aber grundsätzlich. Und dennoch: Dass sich Lehrer ganz von ihrer Aufgabe als Psychologen für die Schulkinder verabschieden könnten, sei eine Illusion.
Darauf macht etwa der Universitätsprofessor und Psychiater Karl Dantendorfer im Gespräch mit der „Presse“ aufmerksam: Bei „alltäglichen Problemen“ von Schülern seien weiter primär die Lehrer Ansprechpartner. „Nicht jedes Kind, das sich schwertut, hat gleich ein Aufmerksamkeitsdefizit“, erläutert Dantendorfer, der auch Konsulent des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger ist und sich besonders mit Maßnahmen befasst, um der steigenden Zahl an Frühpensionierungen aus psychischen Gründen entgegenzuwirken. Erst, wenn ein Lehrer selbst nicht mehr helfen könne, brauche das Kind Unterstützung durch einen Schulpsychologen.
Gerade in den Ballungszentren gehe es auch um Probleme, die gar nichts mit der Schule selbst zu tun hätten, betont Dantendorfer, sondern bei denen die Schwierigkeiten bei den Eltern liegen würden. In diesen Fällen sei der verstärkte Einsatz von Sozialarbeitern sinnvoll.
Auch wenn Lehrer lange Ferien hätten, „ändert das nichts daran, dass sie einen Stressberuf haben“, analysiert Dantendorfer. Das sei ähnlich wie bei Schauspielern. Hilfe durch Psychologen oder Sozialarbeiter hält der Universitätsprofessor, der betont, dass er kein Experte für Schulpsychologie sei, für sinnvoll: „Ein entspannterer Lehrer ist ein besserer Lehrer.“
Gewerkschaft will 10.000 Posten
Unterstützung sollen die Lehrer auch durch eine Entlastung in der Verwaltung erhalten. Vor allem in den in Länderhand befindlichen Pflichtschulen besteht Handlungsbedarf. Dort ist die Grenze zwischen pädagogischer und allgemeiner Verwaltung eine fließende. So nehmen Direktoren und Lehrer in kleineren Pflichtschulen vielfach auch Aufgaben im Bereich der Infrastruktur wahr. Sie kümmern sich um Ankäufe von Druckern, Wartung von Computern oder Reparaturen an der Heizung. Aufgaben, die an höheren Schulen von Schulsekretären bzw. Schulwarten übernommen werden können. Unumstritten ist, dass die Mehrbelastung auf Kosten der pädagogischen Arbeit geht. Insofern würde eine Aufstockung des Verwaltungspersonals sicherlich hilfreich sein.
Die Lehrergewerkschaft zeigt sich dabei dennoch durchaus skeptisch. Zwar entspricht die Ankündigung Schmieds dem langen Wunsch der Lehrervertreter, diese bezweifeln aber die Willenskraft der Regierung in dieser Sache. Denn: Die Regierung müsste „ganz massiv“ von ihrem bisherigen Kurs des Aufnahmestopps im öffentlichen Dienst abgehen, sagt AHS-Gewerkschafter Eckehart Quin. Allein um beim Anteil des Unterstützungspersonals von den hintersten Rängen auf den Durchschnitt aufzuschließen, brauche es zusätzliches Personal im fünfstelligen Bereich. Doch dafür gebe es weder das Geld, noch entsprechend qualifiziertes Personal, so Quin.
Regierungsintern scheint man diesbezüglich aber bereits an anderen Plänen zu schmieden. Den Aufnahmestopp in der Verwaltung möchte man zwar nicht aufgeben, es sollten aber zumindest kreative Lösungen für das Aufstocken des Verwaltungspersonals im Schulbereich gefunden werden. Heinisch-Hosek ließ bereits mit dem Vorschlag aufhorchen, dass ehemalige Postangestellte künftig in der Schulverwaltung eingesetzt werden könnten. Die Überlegungen sollen dabei noch weiter gehen: Vorstellbar wäre etwa auch der Einsatz von Telekompersonal als IT-Experten im Schulbereich.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2012)