Kinder: „Krippe ist weder Vor- noch Nachteil“

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Der dänische Staatssekretär Jesper Zwisler über sein familienfreundliches Land.

Die Presse: Familienministerin Sophie Karmasin hat angekündigt, Österreich zum familienfreundlichsten Land Europas machen zu wollen. Glauben Sie ehrlicherweise, dass das möglich ist?

Jesper Zwisler: Ja, warum nicht.


Derzeit ist Dänemark noch Österreichs großes Vorbild. Was können wir von Dänemark lernen?

Unglücklicherweise kann man Dinge nicht einfach von einem Land auf das andere übertragen. Man kann sich nur inspirieren lassen.


Was könnte inspirierend sein?

Viele Dinge. Das Wichtigste ist, dass Familienpolitik nicht in einem Ministerium entsteht. Es braucht den Zusammenhalt und Willen in der ganzen Gesellschaft. Jeder muss sich um dieses Thema kümmern.


Dänemark setzt in seiner Familienpolitik mehr auf Sach- und weniger auf Geldleistungen. Wäre das auch für Österreich empfehlenswert?

Es besteht kein Zweifel: Geld ist für Familien sehr wohl zentral. Aber es gibt eben auch andere – zumindest ebenso wichtige – Schrauben, an denen gedreht werden kann.


Welche Schrauben sind das?

Zwei Dinge sind entscheidend: ein familienfreundlicher Arbeitsmarkt und ein familienfreundliches Klima in der Gesellschaft.


Können Politiker ein solches Klima beeinflussen?

Natürlich können sie das. Sie geben die Richtung vor und rücken Themen in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Wenn Politiker auf das Thema Familie setzen, dann wird sich etwas ändern.


Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist entscheidend. Wie funktioniert das in Dänemark?

Der Arbeitsmarkt ist sehr familienfreundlich. Natürlich geht nicht jeder Arbeiter in Dänemark um 17 Uhr nach Hause – aber der Großteil. Und es besteht kein Zweifel daran, dass jedes führende Unternehmen eine Familienrichtlinie hat.


91 Prozent der Ein- bis Zweijährigen in Dänemark besuchen eine Tagesstätte. Verstehen Sie Leute, die ihr Kind noch nicht so bald weggeben wollen?

Ja, die verstehe ich gut. Das Wichtigste ist, dass sich jeder frei entscheiden kann. Für die Kinder ist es weder von Vor- noch von Nachteil, in diesem Alter in einer Krippe zu sein – das zeigen uns wissenschaftliche Studien. Die Qualität in unseren Krippen ist sehr hoch. Und wir sind stolz, dass es bei uns für Kinder ab sechs Monaten einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz gibt.  (j. n.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2014)

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