Die Abrechnung von Fördermitteln für das Jahr 2014 wird laut Familienministerin Karmasin „wegen Medienberichten und der Berichte des Stadtrechnungshofs aufgeschoben“.
Wien. Der Bund legt in Sachen Kindergärten die Zahlungen an die Stadt Wien auf Eis. Die Abrechnung von Fördermitteln für 2014 werde vorerst aufgeschoben, teilte Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) am Montag mit.
„Wir haben die Abrechnung der Fördermittel 2014 mit der Stadt Wien aufgrund aktueller Medienberichte und der Berichte des Stadtrechnungshofs gestoppt. Ich verlange von der Stadtregierung eine Stellungnahme zu dem Bericht und die Zusicherung, dass Bundesmittel nicht missbräuchlich für Förderungen verwendet wurden“, sagt Karmasin. „Steuermittel des Bundes müssen dort angekommen, wo sie hingehören, nämlich bei den Wiener Kindergärten und Tageseltern. Die Stadt Wien ist gefordert, das sicherzustellen, sonst müssen wir weitere Schritte prüfen.“
Karmasin werde nächste Woche das persönliche Gespräch mit der zuständigen Stadträtin, Sandra Frauenberger (SPÖ), suchen und darauf hinweisen, dass dem Bund die transparente und effiziente Verwendung der Bundesmittel ein Anliegen sei. Die Stadt Wien sei gefordert, ihre internen Abläufe der Förderung so zu gestalten, dass die missbräuchliche Verwendung von Bundesmitteln ausgeschlossen werden könne. Zudem werde die Familienministerin bei den im nächsten Jahr wieder startenden Gesprächen über eine neue 15a-Bund-Länder-Vereinbarung vorschlagen, die internen Kontrollsysteme der Bundesländer bei der Kindergartenförderung zu verbessern – insbesondere dann, wenn Bundesmittel auch betroffen seien.
305 Millionen Euro vom Bund
Die Bundesregierung fördert den Ausbau der Kinderbetreuung laut eigenen Angaben in dieser Legislaturperiode mit 305 Millionen Euro. Die Stadt Wien erhält rund 22 Prozent dieser Mittel – also bis 2018 rund 67 Millionen Euro. Die ausbezahlten Fördermittel müssen von der Landesregierung mit dem Ministerium abgerechnet werden.
In Wien sorgte im Zusammenhang mit der Förderung von Betreuungseinrichtungen zuletzt ein mutmaßlicher Betrugsfall für Aufsehen. Der Haupttäter soll über private Vereine ungerechtfertigt Hunderttausende Euro an Subventionen bezogen haben. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf, nachdem die Stadt selbst Anzeige erstattet hatte. Der Stadtrechnungshof hat in aktuellen Prüfberichten die – laut Rathaus jedoch inzwischen neu organisierte – Kontrolle der Fördermittel für private Träger als teilweise zu lasch kritisiert.
Irritiert über das Vorgehen von Karmasin zeigt sich das Büro von Frauenberger. Darüber, dass die Subventionen im Zusammenhang mit dem möglichen Betrugsfall („einige Zehntausend Euro“) auf Eis gelegt werden, sei man im Vorfeld informiert worden. Diese Maßnahme sei auch nicht „besonders verwunderlich“. Schließlich werde die Stadt Wien selbst Rückforderungen stellen und gehe auch davon aus, ausgezahlte Förderungen zurückzubekommen.
Von einem vorläufigen Aus für alle ausständigen Subventionen (laut Stadt rund drei Millionen Euro) habe man jedoch nichts gewusst, sagt Sprecherin Stefanie Grubich zur „Presse“. Auch sei sie erstaunt darüber, aus den Medien davon erfahren zu haben. Jetzt warte man das Gespräch mit der Familienministerin ab.
Als „Akt reinen Populismus“, der auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werde, bezeichnete der Klubobmann der Grünen, David Ellensohn, Karmasins Ankündigung: Das Einfrieren der Fördermittel sei ein überzogener Schritt. Für Wiens ÖVP-Obmann, Gernot Blümel, ist der Abrechnungsstopp hingegen die „logische Folge“ der Nichtkontrolle der vergangenen Jahre. Auch die FPÖ meldete sich zu Wort – man habe stets darauf hingewiesen, dass die Stadt Fördergelder „komplett unkontrolliert“ vergebe.
Der Vorstoß von Karmasin ist der nächste Schritt in einer seit Wochen andauernden Kindergarten-Kontroverse zwischen Wien und ÖVP-Bundesministern. Vor Weihnachten hatte Integrationsminister Sebastian Kurz Kritik an islamischen Kinderbetreuungseinrichtungen in Wien geübt. Inzwischen wird in dieser Causa die Erstellung einer gemeinsamen Studie vorbereitet. (APA/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2016)