Familienrecht: Unterhalt an Besuchsrecht knüpfen

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Richter wollen die Ansprüche Geschiedener auf ihre Kinder und somit das Besuchsrecht stärken. Justizministerin Bandion-Ortner zeigt sich nicht abgeneigt. Eine "Ehe light" hält man hingegen für unrealistisch.

WIEN(c.d.). In zwei Wochen startet eine Arbeitsgruppe des Justizministeriums, um Vorschläge für eine Reform der Obsorge und des Besuchsrechts auszuarbeiten. In welche Richtung man dabei gehen könnte, zeigten die Familienrichter am Montag an. Doris Täubel-Weinreich, die Obfrau der Fachgruppe Familienrecht in der Richtervereinigung, schlug in Ö1 vor, die Besuchsrechte an Unterhaltszahlungen zu koppeln. Wogegen sich rasch eine breite Ablehnungsfront – von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek bis zu den Grünen – bildete. Nur Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hält den Vorschlag prinzipiell für diskussionswürdig.

Da Mütter und Väter derzeit Probleme haben, ihre Besuchsrechte nach Scheidungen durchzusetzen, denken die Familienrichter an Geld als Druckmittel. Wenn beispielsweise eine Mutter verhindert, dass ein Vater sein Kind sieht, müsste der Vater zwar weiterhin Alimente in voller Höhe bezahlen. Ein Drittel des Geldes käme aber auf ein gesperrtes Konto, das dem Kind mit 18 Jahren zugänglich wäre. Umgekehrt, so Täubel-Weinreich, könnte es auch Konsequenzen haben, wenn sich ein Vater nicht um sein Kind kümmert. Dann soll die Mutter höhere Forderungen stellen können.

Nur Nachteil für das Kind?

Das könnte den Kindern auf den Kopf fallen, findet Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Unterhaltszahlungen seien schließlich für das Kind bestimmt. Allerdings will auch sie eine Reform des Besuchsrechts und die lange Phase der Unklarheit nach Scheidungen beseitigen oder zumindest verkürzen. Skeptisch nahmen auch die Wiener Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits und die Grünen die Vorschläge der Familienrichter auf. Das Besuchsrecht berge zu viel Konfliktpotenzial, um es mit anderen Intentionen zu vermischen. Die Justizministerin ist ebenfalls skeptisch, was Bestrafungen bei Nichteinhaltung des Besuchsrechts betrifft. Das könnte den Kindern schaden, so Bandion-Ortner. Dennoch will sie die Vorschläge der Familienrichter nicht einfach vom Tisch wischen und in der Arbeitsgruppe zur Obsorge diskutieren.

Keine Freude hat Bandion-Ortner auch mit den Ideen von Frauenministerin Heinisch-Hosek, die in der Samstags-„Presse“ einen Partnerschaftsvertrag für unverheiratete Eltern vorgeschlagen hat. Die SPÖ-Ministerin kann sich nur dann vorstellen, über Obsorgerechte von ledigen Vätern zu diskutieren, wenn diese auch Pflichten übernehmen. Deshalb will sie in einem beim Notar oder bei einem Bezirksgericht geschlossenen Vertrag festlegen lassen, ob die Lebenspartner zum Beispiel im Fall einer Trennung unterhaltspflichtig werden oder nicht.

„Ehe light“ unrealistisch?

Bandion-Ortner hält diese „Ehe light“ für problematisch, weil sie dann nicht nur für ledige Eltern, sondern auch für alle anderen Paare gelten müsste. Und dafür fehle derzeit der politische Konsens, heißt es im Justizministerium. Die ÖVP hatte den Vorschlag der SPÖ-Ministerin auch prompt als unnötige Konkurrenz zur Ehe abgelehnt. Im Justizministerium hält man eine Diskussion um Partnerschaftsverträge zudem nicht für vordringlich. Damit würden auch nur Äpfel mit Birnen verglichen. Eine Ehe light habe mit der Frage der Obsorge nichts zu tun.

Bandion-Ortner stellt zudem klar, dass sie nur nach Scheidungen für ein Beibehalten der automatischen gemeinsamen Obsorge ist. Bei nicht verheirateten Paaren ist sie dagegen. Ein Automatismus könnte nämlich Frauen dazu bringen, aus Angst die Väter nicht mehr anzugeben. Dennoch will man auch für uneheliche Väter bürokratische Erleichterungen, etwa die – einvernehmliche – Festlegung der gemeinsamen Obsorge gleichzeitig mit der Anerkennung der Vaterschaft.

AUF EINEN BLICK

Besuchsrecht und Obsorgesollen reformiert werden. Die Idee, Unterhaltszahlungen ans Besuchsrecht zu koppeln, findet allerdings wenig Gegenliebe. Genauso wie die „Ehe light“ der Frauenministerin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2010)

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