ÖVP kündigt "Kehrtwende" in der Familienpolitik an

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ÖVP kündigt "Kehrtwende" in der Familienpolitik an(c) Clemens Fabry
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Familienminister Mitterlehner will künftig auf Sachleistungen statt Geldleistungen setzen. Die SPÖ reagiert erfreut: "Damit verlässt die ÖVP ein jahrzehntelanges ideologisches Dogma".

Wirtschafts- und Familienminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) kündigt eine "Kehrtwende" in der Familienpolitik an. Er will weg von Geldleistungen an die Familien und hin zu mehr Sachleistungen - sprich mehr Kinderbetreuungs-Plätze.

"Die Kosten des Systems stehen in keiner Relation zu den Ergebnissen. Unsere vornehmlich auf Geldleistungen ausgerichtete Familienpolitik hat uns eine sehr niedrige Geburtenrate gebracht", sagt Mitterlehner laut einer Vorabmeldung des Nachrichtenmagazins "profil" vom Samstag.

ÖVP-Seniorenchef Andreas Khol bezeichnet die österreichische Familienpolitik in dem Bericht überhaupt als "gescheitert". Er fordert daher ebenfalls eine Umschichtung der Mittel.

SPÖ zeigt sich erfreut

Die SPÖ reagierte erfreut auf die Aussagen der VP-Politiker. "Damit verlässt die ÖVP ein jahrzehntelanges ideologisches Dogma, wonach eine vorwiegend auf Geldleistungen ausgerichtete Familienpolitik nahezu ausschließliche Zielsetzung der ÖVP war", erklärte Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter in einer Aussendung.

Budget-Kürzungen im Familienbereich

Der aktuelle Budgetentwurf der Regierung sieht einige Kürzungen bei den finanziellen Leistungen an Familien vor. Bei der Familienbeihilfe soll die 13. Beihilfe in einen Fixbetrag von 100 Euro nur mehr für Sechs- bis 15-Jährige geändert werden. Die Anspruchsdauer soll vom 26. auf das vollendete 24. Lebensjahr gesenkt werden.

Die Regierung will außerdem den Mehrkindzuschlag ab dem dritten Kind sowie den Alleinverdienerabsetzbetrag für Familien ohne Kinder bzw. mit erwachsenen Kindern streichen.

Derzeit fließt nur ein Bruchteil in Sachleistungen

Österreich investiert derzeit den Großteil der staatlichen Familienförderung in direkte Geldleistungen wie die Familienbeihilfe. Nur ein Bruchteil fließt in Sachleistungen (etwa Krippen und Kindergärten). Laut Wirtschaftsforschungsinstitut flossen 2008 nur 12,4 Prozent der Ausgaben für Familien in Sachleistungen.

Die Folge sind eine entsprechend geringe Betreuungsquote der Kinder und weit verbreitete Teilzeitarbeit der Frauen: Zuletzt waren in Österreich nur 14 Prozent der unter Dreijährigen in Kinderkrippen. Laut dem vor zehn Jahren vereinbarten "Barcelona-Ziel" der EU sollten es heuer aber 33 Prozent sein. 41 Prozent der erwerbstätigen Frauen können nur Teilzeit arbeiten.

FPÖ für finanzielle Leistungen

Die FPÖ kritisiert den "völlig jenseitigen Schwenk der ÖVP". Volkspartei und SPÖ gehe es offenbar darum, nur jene Familien zu fördern, die ihr Kind möglichst schnell bei einer Betreuungseinrichtung abgeben, so FP-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller. Dafür müssten diejenigen draufzahlen, die sich persönlich der Erziehung ihrer Kinder annehmen. "Nur finanzielle Leistungen schaffen für die Familien Wahlfreiheit", erklärte Kitzmüller.

(APA/Red.)

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