Sollen Kinder mit schlechten Deutschkenntnissen die Vorschule besuchen müssen? ÖVP und FPÖ loben Brandsteidl - die Grünen sind strikt dagegen.
Die jüngste Ankündigung der Wiener Stadtschulratspräsidentin, Susanne Brandsteidl (SPÖ), bei der Einschulung künftig noch stärker auf Deutschkenntnisse zu achten, scheidet die Geister. Lob kam von ÖVP und FPÖ, Kritik hagelte es von Grünen und NGOs.
Brandsteidl hatte angekündigt, dass nur Schüler mit ausreichenden Deutschkenntnissen mit der ersten Klasse Volksschule beginnen dürfen und Kinder mit Sprachproblemen in Vorschulklassen speziell gefördert werden. Ganz neu ist das nicht, allerdings soll ab heuer ein noch stärkerer Fokus auf das Beherrschen der deutschen Sprache gelegt werden.
An Deutsch vor Schuleintritt – einer Forderung von Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (VP) – führe kein Weg vorbei, sagte dazu Wiens VP-Bildungssprecherin Isabella Leeb. Viele Schüler mit nicht-deutscher Erstsprache hätten Probleme, dem Unterricht zu folgen.
Grünen-Bildungssprecher Harald Walser indes übte Kritik: Kinder wegen geringer Deutschkenntnisse gewissermaßen „auszusortieren“, verhindere die Integration. Der Menschenrechtsverein SOS-Mitmensch warnte, Deutsch alleine als Indikator für die Sprachreife eines Kindes heranzuziehen: Viele Kinder hätten eine andere Erstsprache als Deutsch, seien in ihrer Sprachentwicklung aber sehr weit. Diese durch den Besuch der Vorschule ein Schuljahr verlieren zu lassen, sei demotivierend.
Die Frage, ob Schüler separat – eben in Vorschulklassen oder eigenen Sprachklassen – gefördert, oder doch rasch in den Klassenverband integriert werden sollen, ist vor allem im Zusammenhang mit anstehenden Reformen der Sprachförderung umstritten – bis März will das Unterrichtsministerium neue Konzepte erarbeiten. Das ist aber längst nicht der einzige Punkt, der diskutiert werden muss.
Bessere Ausbildung notwendig
Reformbedürftig ist etwa auch die Ausbildung der Lehrkräfte: Derzeit müssen Lehrer für Sprachförderkurse keine spezielle Qualifikation mitbringen – nicht zuletzt, weil es schlicht zu wenige gibt, die eine solche haben. Deutsch als Zweitsprache müsse in der Lehrerausbildung forciert werden, fordert etwa der Klagenfurter Deutschdidaktiker Werner Wintersteiner. Nicht nur für jene Pädagogen, die die Förderkurse abhalten, sondern für alle Lehrer: Denn Sprache sei immer das Medium, egal in welchem Fach.
Ein weiterer Schwachpunkt ist – wie so häufig – die Finanzierung. Mindestens acht außerordentliche Schüler braucht es derzeit, damit es für die vorgesehene Sprachförderung – elf Stunden pro Woche – Ressourcen vom Bund gibt. Besonders in den ländlichen Gebieten wird diese Zahl oft nicht erreicht. Verhandlungen zwischen dem Unterrichts- und dem Finanzministerium über eine Senkung der Mindestzahl auf fünf Schüler scheiterten im Frühling.
Und auch an der nötigen Flexibilität mangelt es derzeit: Stoßen Schüler mit Deutschdefiziten erst während des Schuljahrs dazu, können sie nur dann Förderkurse besuchen, wenn sie schon zu Schulbeginn eingerichtet wurden.
(beba/j.n.)