Tirol: Dissonanzen wegen Gesamtschule light

Tirol. Gesamtschule
Tirol. Gesamtschule(c) REUTERS (DOMINIC EBENBICHLER)
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Mit einer wirklichen Gesamtschule haben die Pläne von Schwarz-Grün im Zillertal und in Innsbruck wenig zu tun – im Bund sorgen sie dennoch für Unstimmigkeiten.

Innsbruck/Beba/Pö/Kb. Tirols Landeschef Günther Platter (ÖVP) hält auch nach seiner Wiederwahl entgegen der Linie der Bundespartei am Ja zur Gesamtschule fest – und macht nun, gemeinsam mit den Grünen, gleich einen weiteren Schritt: In dem soeben ausverhandelten Koalitionspakt ist nicht nur von einer Modellregion im Zillertal die Rede, wo Tirol die gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen ausprobieren will – eine Idee, die Platter bereits früher geäußert hatte. Sondern auch in Innsbruck soll „ehebaldigst ein Modellversuch an einem Standort errichtet werden“, wie es in dem Papier heißt.

Von einer echten Gesamtschule – sprich: einem einzigen Schultyp für alle Schüler zwischen zehn und 14 – sind diese Ideen aber offenbar noch relativ weit entfernt. So werden im Zillertal de facto einfach mehrere Neue Mittelschulen (NMS) ab Herbst 2014 zur gemeinsamen Schule umfunktioniert bzw. umbenannt – eine AHS-Unterstufe gibt es in dieser Region gar nicht. Neu soll sein, dass im Unterricht verstärkt differenziert und individualisiert wird, zudem soll in Zell am Ziller eine (einklassige) AHS-Oberstufe eingerichtet werden.

Eine AHS als gemeinsame Schule

Auch deshalb wünschen sich die Grünen, dass das Modell möglichst rasch auf die Landeshauptstadt ausgeweitet wird, wie Platters designierte Stellvertreterin Ingrid Felipe betont. Dort solle ein Gymnasium zur gemeinsamen Schule werden; welches, das müsse unter Einbeziehung von Schulleitungen sowie Eltern erst geklärt werden.

Auch das – ein Schulversuch an einem einzelnen Standort – ist von einer tatsächlichen gemeinsamen Schule aber weit entfernt. Nichtsdestotrotz sorgen die Tiroler Entwicklungen im Bund für Unstimmigkeiten. ÖVP-Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger gab sich am Dienstag nach dem Ministerrat reserviert: Tirol solle nicht vergessen, wie die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern geregelt seien. Sprich: Im Land könne Platter seine Möglichkeiten natürlich ausschöpfen, auch vom Bund könne er sich „etwas wünschen“. Doch: Die Entscheidung über eine allgemeine Gesamtschule bleibe bei der Regierung. Und: „Mit mir gibt es keine Gesamtschule.“

Naturgemäß anders sieht das Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). „Sie wissen, ich bin motiviert“, sagte er. Auch Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) begrüßt Platters Modell: „Ich wünsche ihm viel Kraft für sein Vorhaben – und dass er auch auf Bundesebene nicht aufgibt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2013)

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