Töchterle: Norwegen soll Vorbild für Dienstrecht sein

Toechterle Norwegen soll Vorbild
Toechterle Norwegen soll VorbildAPA (Fohringer)
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Im neuen Lehrerdienstrecht soll weder eine fixe Unterrichtsverpflichtung noch eine konkrete Anwesenheitszeit festgeschrieben werden. Das fordert Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP).

Einen neuen Vorschlag zur Organisation der Arbeitszeit hat Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) in die Diskussion über die Reform des Lehrerdienstrechts eingebracht: Er will sich das stark auf Schulautonomie setzende "norwegische Modell" zum Vorbild nehmen. Darin gibt es weder eine Unterrichtsverpflichtung noch ein im ÖVP-Alternativmodell vorgesehenes Präsenzzeit-Modell, bei dem die Anwesenheit an der Schule festgelegt wird. Stattdessen wird in Norwegen die Gesamtarbeitszeit in von der Schule fixierte und flexible Lehrerarbeitszeit eingeteilt.

Töchterle, dem das "norwegische Modell" am Donnerstag von den Bildungswissenschaftern Stefan Hopmann (Uni Wien) und Kirsten Sivesind (Uni Oslo) erläutert wurde, sprach gegenüber der Austria Presse Agentur von einem "sehr interessanten Ansatz". In Norwegen wiesen die Lehrer die höchste Arbeitszufriedenheit in den OECD-Ländern auf - "auch von daher empfiehlt sich ein genauerer Blick auf dieses System", so Töchterle. Außerdem habe in Norwegen die Systemumstellung ermöglicht, kostenneutral zusätzliches Unterstützungspersonal einzustellen, was in Österreich eine wesentliche Forderung der Lehrergewerkschaft ist.

Jahresarbeitszeit soll festgeschrieben werden

Für eine Umstellung auf das "norwegische Modell" müssten allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein, wie Töchterle einräumt. "Die Schulautonomie müsste massiv gestärkt werden. Schulleiter müssten auf ihre neue Führungsrolle noch besser vorbereitet werden (z.B. Anwendung von Kalkulations-Software, etc.)." In Norwegen bekommt nämlich jede Schule ihr Zeit- und finanzielles Budget zugewiesen.

Konkret wird in Norwegen die Jahresarbeitszeit (1.687,5 Stunden) der Lehrer in von der Schule fixierte und flexible Arbeitszeit unterteilt. Zur von der Schule fixierten Zeit gehören neben dem Unterricht auch alle Aufgaben, die vom Standort festgelegt werden, aber nicht zwingend an der Schule erledigt werden müssen (z.B. Schulskikurs, Sprachwoche etc.). In der Volksschule fallen etwa 1.300 Stunden in diese Gruppe, in der Sekundarstufe I (entspricht Hauptschule, Neue Mittelschule, AHS-Unterstufe) 1.225 Stunden und in der Sekundarstufe II (entspricht AHS-Oberstufe, berufsbildende mittlere und höhere Schulen/BMHS) 1.150 Stunden.

Die flexible Arbeitszeit wiederum umfasst die wirklich autonom vom Lehrer zu verwendende Zeit, etwa für Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, die auch an der Schule verbracht werden kann (Volksschule: 387,5 Stunden, Sekundarstufe I: 462,5 Stunden, Sekundarstufe II: 537,5 Stunden).

Schulleiter soll Arbeitszeit genau definieren

Welche Aufgaben ein Lehrer übernimmt und welchen Anteil der von der Schule fixierten Arbeitszeit er mit Unterricht verbringt, wird jeweils zwischen Lehrer bzw. Lehrerteams und Schulleiter ausverhandelt. Dabei kann die Gewerkschaft eingebunden werden.

In Österreich verhandeln Regierung und Gewerkschaft seit mehr als einem Jahr eine Reform des Lehrerdienstrechts - bisher ohne wesentliche Annäherung. Der Regierungsvorschlag sieht eine einheitliche Gehaltstabellen für alle Lehrer sowie eine Anhebung der Unterrichtsverpflichtung von derzeit 20 bis 22 auf 24 Stunden vor. Zuletzt hatte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP), die auf Regierungsseite mitverhandelt, mit Töchterle ein Alternativmodell vorgelegt, das die Blockade in den Verhandlungen auflösen sollte: Demnach soll es eine Anwesenheitsverpflichtung geben, die die jeweilige Gewerkschaft der verschiedenen Lehrergruppen ausverhandeln soll. Außerdem sollen Pflichtschullehrer (Volks-, Haupt-, Sonderschule) - zumindest als Übergangslösung bis zum Wirksamwerden der neuen Lehrerausbildung 2019 - weiter weniger verdienen als Bundesschullehrer (AHS, BMHS).

Die nächste Verhandlungsrunde ist für 3. Juli anberaumt, Thema soll bereits zum dritten Mal der Ausbau des Unterstützungspersonal sein. Sollte es auch dann keine Lösung geben, will Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sich in die Verhandlungen einschalten.

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