Heinisch-Hosek: „Ich bin tief betroffen“

INTERVIEW MIT BM GABRIELE HEINISCH-HOSEK
INTERVIEW MIT BM GABRIELE HEINISCH-HOSEK(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Unterrichtsministerin Heinisch-Hosek (SPÖ) droht den BIFIE-Chefs mit ernsthaften Konsequenzen. Bei den Lehrern und Schülern will sie sich entschuldigen: Sie habe alle Schritte gesetzt,
die ihr möglich seien.

Die Presse:Frau Bundesminister, was sagen Sie den 37.000 Lehrern und ihren Schülern, deren Daten ungeschützt im Internet herumliegen?

Gabriele Heinisch-Hosek: Ich kann in erster Linie etwas zeigen, nämlich tiefe Betroffenheit all jenen gegenüber, bei denen nicht klar ist, ob ihre Daten irgendwo zugänglich sind. Mir ist das alles sehr unangenehm, und die Sache geht mir sehr nahe. Daher war es nur logisch, dass ich die BIFIE-Direktoren am Dienstag zu einer Krisensitzung berufen habe. Die beiden haben gestern noch Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingereicht.

Die Anzeige kommt reichlich spät. Nicht nur das BIFIE, sondern auch das Ministerium wussten seit 18. Dezember Bescheid, dass es das Leck gibt.

Wie Sie wissen, bin ich seit 16. Dezember im Amt. Exakt zwei Tage danach ist der besagte Brief hier eingelangt. Wir haben am 19. Dezember alles mit Bitte um sofortige Aufklärung an das BIFIE weitergeleitet.

Seither sind zwei Monate vergangen.
Ich bin davon ausgegangen, die Sache sei erledigt. Ich war am Dienstag selbst überrascht, dass das nicht der Fall ist. Ich muss mich auf die Menschen in meinem Umfeld, die ich um Aufklärung gebeten habe, verlassen können. Das war offenbar nicht der Fall.

Sehen Sie darin ein Fehlverhalten der beiden BIFIE-Direktoren?
Die beiden BIFIE-Direktoren werden zur Verantwortung gezogen, falls die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft ergeben, dass es ein Fehlverhalten gab. Ich habe gestern sofort auch die Kollegen aus der Abteilung für Cyber-Kriminalität und den Direktor für die öffentliche Sicherheit gebeten, diesen rumänischen Server stillzulegen. Ich habe alle Schritte gesetzt, die mir möglich sind.

Im Datenschutzgesetz ist eine Informationspflicht festgeschrieben: Wenn die unrechtmäßige Verwendung von Daten bekannt wird und den Betroffenen Schaden droht, hat man diese sofort zu informieren. Hätte das BIFIE nicht schon früher die betroffenen Lehrer warnen müssen?

Wir kannten den Link zu dem rumänischen Server nicht. Und wir waren uns des Ausmaßes dieses Skandals nicht bewusst. Wie hätten wir denn da jemanden informieren sollen?

Sie wussten bereits im Dezember, dass bis zu 40.000 Lehrer betroffen sind.

Die Staatsanwaltschaft wird nun ermitteln, ob es hier Fehler in den Abläufen gegeben hat. Und darüber bin ich sehr froh.

Die Daten sind mittlerweile von dem Server verschwunden. Ist das Ihnen zu verdanken? Ist es Ihnen oder dem BIFIE gelungen, die Daten zu sichern?
Das BIFIE hat mich am Mittwoch darüber informiert, dass die Daten nicht mehr öffentlich zugänglich sind.

Konnten Ihnen die BIFIE-Chefs erklären, wie es zu diesem Leck in Rumänien kam?
Wir haben viel miteinander gesprochen. Ich will nun den Ermittlungen der Behörden aber nicht vorgreifen.

Wie sehen – sollte sich bei den Ermittlungen ein Fehlverhalten der BIFIE-Chefs herausstellen – die Konsequenzen aus?
Negativ. Solange die Unschuldsvermutung gilt, will ich mich hier nicht festlegen. Aber wenn sich Verantwortliche herauskristallisieren, dann haben die selbst sofort die Konsequenzen zu ziehen. Das würde ich dann anweisen.

Das BIFIE ist unter anderem auch für die Zentralmatura und die Bildungsstandards verantwortlich. Können Lehrer, Eltern und Schüler überhaupt noch darauf vertrauen, dass die Daten in diesen Fällen sicher sind?
Ich habe im Lauf des Vormittags angeordnet, dass wir bis auf Weiteres keine zentralen Testungen an Schulen mehr durchführen, bis geklärt ist, ob hier Sicherheit garantiert ist. Wir machen eine Testungspause.

Wird es zu Verzögerungen kommen?
Ja, das kann passieren. Die Bildungsstandards in Deutsch für die vierte Klasse Volksschule und die achte Schulstufe sollten im Mai über die Bühne gehen. Falls die Ermittlungen bis dahin zu keinen klaren Ergebnissen gekommen sind, wird sich dieser Termin verschieben. Bei der Zentralmatura dürfte es zu keinen Verzögerungen kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2014)

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