Zentralmatura: Nicht nur computergesteuert benoten

(c) APA
  • Drucken

Wenn ein Schüler zwischen Vier und Fünf steht, sollen Lehrer laut Bifie auf die Gesamtleistung des Schülers achten.

Es klingt leicht absurd: Bei der Zentralmatura soll sich der Lehrer nicht auf die zentrale Benotung verlassen. Das Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) weist die Lehrer an, bei der Korrektur der Fremdsprachen-Zentralmatura vor allem im Falle knapper Ergebnisse und der Entscheidung über das Durchkommen nicht einfach die vom Computer vorgeschlagene Note zu vergeben, sondern auf die "Gesamtleistung" zu achten. Entsprechende "Korrektur- und Beurteilungsanleitungen" gingen am Donnerstag an Schuldirektoren.

Bei der am Dienstag durchgeführten Englisch-Zentralmatura mussten für eine positive Beurteilung 63 Prozent der Punkte erreicht werden, bei den bisherigen Durchgängen waren es indes stets 60 Prozent gewesen. Dagegen protestierten Lehrer, Eltern und Schüler.

Einmal mehr wird in dem auf der Bifie-Homepage abrufbaren Text die Vorgangsweise verteidigt. Lese- oder Hörtexte seien eben verschieden anspruchsvoll, "das wirkt sich selbstverständlich auf die Aufgabenschwierigkeit aus". Heuer seien etwas leichtere Aufgaben gestellt worden, daher mussten mehr Punkte erreicht werden. Als Notenschwellen für ein "Genügend" in den lebenden Fremdsprachen hätten sich daher je nach Fach zwischen 60 und 64 Prozent der möglichen Punkte bei der "Standardisierten schriftlichen Reife- und Diplomprüfung" (SRDP) ergeben.

Ausweg für Grenzfälle

Einen möglichen Ausweg für Grenzfälle skizziert das Bifie aber: "Insbesondere bei knappen Ergebnissen und bei der Entscheidung zwischen Genügend und Nicht genügend ist unter Bedachtnahme auf die Notendefinition der Leistungsbeurteilungsverordnung und auf die fachliche Expertise sowie die pädagogische Verantwortung der Prüferin/des Prüfers zusätzlich zu der vom SRDP-Rechner vorgeschlagenen Note die Gesamtleistung dahin gehend zu beurteilen, ob die Anforderungen in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt wurden."

Bifie hat nicht rechtzeitig kommuniziert

Kritik an der bisherigen Vorgehensweise des Bifie kommt vom Wiener Direktorenverein (WDV): Die "testpsychometrische" Begründung des Bifie für die unterschiedlichen Notenschwellen sei wegen der besseren Vergleichbarkeit der Noten zwar nachvollziehbar. "Nicht nachvollziehbar für uns ist es jedoch, dass dieses nicht unwesentliche Detail nicht oder zumindest bei weitem nicht ausreichend rechtzeitig kommuniziert worden ist!" Lediglich einer Fußnote in einem Schreiben sei zu entnehmen gewesen, dass die Grenzen zum Nicht Genügend "leicht variieren" könnten. Änderungen in diesem Ausmaß seien aber weder von Stadtschulrat noch von Ministerium oder Bifie ausreichend kommuniziert worden. "Warum gerade bei der ersten flächendeckenden Aufgabenstellung ein Abweichen von den gewohnten und erprobten 60 Prozent stattfinden muss, ist uns auch nicht erklärlich."

"Das Problem ist kein sachliches"

Der Sprecher des gesamtösterreichischen Verbands der AHS-Direktoren, Wilhelm Zillner, sieht die Vorkommnisse differenziert: "Das Problem ist kein sachliches, sondern ein kommunikatives." Wenn man die Info-Materialien des Bifie im Nachhinein durchforste, seien natürlich Hinweise auf die Vorgehensweise vorhanden gewesen. Dass die Notenschwelle jetzt aber genau von 60 auf 63 Prozent hinaufgesetzt werde, sei explizit nie Thema gewesen. "Und daraus ergibt sich das Problem." Die Korrekturanleitung des Bifie werde man selbstverständlich umsetzen und sich die Grenzfälle ansehen: "Das würden wir aber auch tun, wenn die Grenze bei 60 Prozent liegt."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Schule

Englisch-Matura: Verwirrung um Benotungsschlüssel

Ein Genügend gibt es erst ab 63 Prozent statt wie bisher ab 60 Prozent, kritisieren Lehrer und Schüler. Der Grund ist statistischer Natur.
Symbolfoto.
Schule

Vorwissenschaftliche Arbeit: 6000 Exposés, sieben Inspektoren

Es gibt Kritik an der Genehmigung oder Ablehnung der Themen für die verpflichtende vorwissenschaftliche Arbeit.
Schule

Zentralmatura-Themen: Twitter und Traditionen

Mit Deutsch startet die Generalprobe für die neue Matura. Rund 5000 AHS- und BHS-Schüler bekamen dieselben Aufgaben.
PK - LEHRERDIENSTRECHT: HEINISCH-HOSEK
Schule

Zentralmatura: Jede fünfte Klausur ist "Sehr gut"

In Mathematik ist die Zentralmatura heuer sogar besser ausgefallen als in der Vergangenheit. In den anderen Fächern gab es kaum Überraschungen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.