Betragensnote: Aufwertung oder Aus?

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Elternvertreter kritisieren die Intransparenz bei der Vergabe der Betragensnoten und fordern deren Abschaffung. Lehrer wollen sie hingegen aufwerten.

Wien. Die sogenannte Betragensnote steht derzeit in der Kritik. Der Wiener Elternverband an Höheren und Mittleren Schulen hat die Diskussion über die Sinnhaftigkeit einer solchen Note gestern, Mittwoch, erneut angestoßen. Die Eltern fordern entweder mehr Transparenz bei derNotengebung oder eine völlige Abschaffung der Betragensnote, wie der ORF online berichtet hat.

Sie bemängeln, dass das Zustandekommen einer Betragensnote (Sehr zufriedenstellend, Zufriedenstellend, Wenig zufriedenstellend, Nicht zufriedenstellend) für die Eltern häufig nicht nachvollziehbar ist. „Nachdem jede Schule anders mit den Noten umgeht und es keine klare Regelung gibt, hat es keine Aussage, außer dass es Kindern Zukunftschancen verbaut“, sagt Elternvetreterin Elisabeth Rosenberger und verweist auf Schwierigkeiten bei Schulwechsel oder Berufsschulpraktikum. Von einer Reform der Betragensnote wünscht sich Rosenberger dementsprechend klare Beurteilungsrichtlinien und eine individuelle Begründung für die jeweilige Note.

Aus dem Bildungsministerium gibt es dafür eine Abfuhr: „Eine Abschaffung der Betragensnoten ist derzeit kein Thema“, hieß es auf Anfrage der „Presse“. Im Wiener Stadtschulrat zeigt man sich ebenso skeptisch: Eine Abschaffung der Betragensnote wäre ein „falsches Signal, weil es nahelegen würde, dass das Benehmen in der Schule kein Thema ist“, heißt es dort.

„Grüßen ist aus der Mode“

Die Vergabe von Betragensnoten ist gesetzlich geregelt. Sie steht ab der fünften Schulstufe sowohl in den Schulnachrichten als auch in den Zeugnissen. Interessant ist, dass das Gesetz es ausdrücklich verbietet, in der letzten Stufe einer Schulart eine Betragensnote zu vergeben. In der vierten Klasse Haupt- oder Neue Mittelschule wie auch in der achten Klasse Gymnasium gibt es also keine Betragensnote. Außerdem wird diese nicht vergeben, wenn der Schüler seine Schulpflicht absolviert hat und die Schule verlässt.

Dabei sehen Lehrervertreter – wie AHS-Gewerkschafter Eckhard Quin und Pflichtschulgewerkschafter Paul Kimberger – die Betragensnote als wichtige Orientierungshilfe für abnehmende Institutionen – also Schulen, Firmen und Lehrbetriebe. Beide Gewerkschafter sind klar gegen die Abschaffung der Betragensnote. „In einer Zeit, in der geklagt wird, dass die Kinder nicht mehr grüßen können, wäre das nicht sinnvoll“, sagt Quin. Kimbergers Argumentation ist ähnlich: „Grüßen und Pünktlichkeit sind scheinbar Tugenden, die aus der Mode gekommen sind. Eine Abschaffung wäre dementsprechend ein Schritt in die falsche Richtung.“

Kimberger wünscht sich sogar eine Aufwertung der Betragensnote. Seine Idee: eine schriftliche Bewertung in vorgegebenen Kategorie wie etwa in den Bereichen soziale Kompetenz, Motivation, Teamfähigkeit, Engagement und Äußere Form der Arbeiten. „Schüler können sich durch gute Noten in diesem Bereich ja auch Vorteile bei Bewerbungen schaffen“, so der Lehrervertreter.

AHS-Gewerkschafter Quin sieht eine solche Aufschlüsselung skeptisch, kann aber einer schriftlichen Begründung für die Noten Wenig zufriedenstellend und Nicht zufriedenstellend etwas abgewinnen. „Bei Sehr zufriedenstellend und Zufriedenstellend“, sagt Quin, „schafft eine schriftliche Begründung nur unnötige Arbeit.“ (j.n./beba)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2014)

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