Rot-Grün beantragt beim Bund die Abschaffung des Vize-Stadtschulrats – und die ÖVP bei der Stadtregierung gleich die Abschaffung der Stadtschulratspräsidentin.
Wien. Die Turbulenzen in Wiens Schulverwaltung gehen weiter. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hatte sich ja geweigert, den schlagenden Burschenschafter Maximilian Krauss (FPÖ) zum Vize-Stadtschulratspräsidenten zu ernennen. Nun wird am heutigen Freitag mit rot-grüner Mehrheit im Landtag ein Antrag beschlossen, um das völlig machtlose (aber mit rund 4500 Euro monatlich sehr gut bezahlte) Amt überhaupt abzuschaffen. Der Bund wird darin aufgefordert, die Verfassung so zu ändern, dass Wien dies rechtlich tun kann.
In der Verfassung ist festgeschrieben, dass in den fünf bevölkerungsreichsten Bundesländern ein Stadtschulrats-Vizepräsident zu bestellen ist. In Wien steht er proporzmäßig der zweitstärksten Partei zu, also der FPÖ. Und diese besteht auf Krauss, will keinen anderen Kandidaten (wie von Häupl gefordert) nominieren. Die FPÖ will die Einhaltung des politischen Proporzes jedenfalls beim Höchstgericht einklagen. Wie der Bund auf den rot-grünen Antrag reagiert, wird spannend. Die rot-schwarzen Klubchefs im Parlament haben vor einigen Tagen jedenfalls überraschend Zustimmung signalisiert.
Argumentiert wird das Ende des Stadtschulrats-Vizepräsidenten von Rot-Grün mit „Effizienzsteigerung und Verschlankung der Schulverwaltung“. Und genau hier hakt die ÖVP ein. Mit derselben Begründung bringt sie am Freitag einen Antrag zur weiteren Verschlankung der Wiener Schulverwaltung ein. Konkret fordert Parteichef Manfred Juraczka gegenüber der „Presse“, dass auch der Posten der amtsführenden Stadtschulratspräsidentin, Susanne Brandsteidl, gestrichen wird.
Der Hintergrund: In Wien ist Häupl als Landeshauptmann gleichzeitig Stadtschulratspräsident, die Geschäfte führt aber Brandsteidl. Im Zuge der Diskussion um Krauss und einer Reform der Schulverwaltung hat sich die Wiener ÖVP andere Bundesländer angesehen. Und wurde in Tirol und Vorarlberg fündig. Dort wurde der Posten eines amtsführenden Landesschulratspräsidenten eingespart. Seine Agenden übernahm der jeweils zuständige Bildungslandesrat.
Diskussion um Gymnasium
Für Wien fordert Juraczka, dass Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch nun Brandsteidls Job übernimmt: „Es sind zwei politische Posten, einen könnte man streichen.“ Oxonitsch sei sowieso näher am Bildungssystem dran als Brandsteidl, so Juraczka. Die FPÖ fordert ebenfalls die Abschaffung von Brandsteidls Posten – Bürgermeister Häupl soll als Oberhaupt des Stadtschulrats ihre Aufgabe übernehmen. Nur: Häupl und Oxonitsch haben bereits dezidiert ausgeschlossen, Brandsteidls Job zu übernehmen.
Gleichzeitig wird die Landtagssitzung eine Diskussion über Gymnasien und Neue Mittelschule (NMS) bringen. „2002, also vor zwölf Jahren, wurde zuletzt eine AHS-Unterstufe in Wien eröffnet. Und das, obwohl Wien jährlich um bis zu 30.000 Menschen wächst“, ärgert sich Juraczka. Als Folge müssten AHS-reife Kinder in weit entfernte Gymnasien gehen oder in die Neue Mittelschule ausweichen: „Damit wird das Gymnasium in der Langform über die Hintertür abgeschafft.“ Für „Brennpunktschulen“ fordert Juraczka eine verstärkte Förderung. Das Geld dafür dürfte aber nicht von anderen Schulen, beispielsweise Gymnasien, abgezogen werden. Bildungsstadtrat Oxonitsch sei gefordert, hier mehr Geld in die Hand zu nehmen.
Gleichzeitig fordert der Wiener ÖVP-Chef mehr Autonomie für die Schulen und die Bestellung von Direktoren nach objektiven Kriterien. Als Vorbild nannte Juraczka Salzburg und die Steiermark.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2014)