Mehrarbeit: Lehrer drohen mit Streik

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Gleiches Einkommen, aber zwei Stunden pro Woche länger in der Klasse. Vizekanzler Pröll widerspricht der Unterrichtsm-Ministerin, Kanzler Faymann korrigiert Pröll.

WIEN. Mehr Arbeit bei gleichbleibendem Gehalt, zugleich auch: weniger Posten für Junglehrer, vielleicht sogar gar keine. Das wären die Folgen, wenn Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) die Zahl der Wochenstunden, die eine Lehrkraft im Unterricht leistet, von 20 auf 22 erhöhte. Schmied will mit dieser Maßnahme die Budgetsituation in ihrem Ressort in den Griff bekommen: Die Reformen wie die Neue Mittelschule sollen fortgesetzt werden, ebenfalls die Reduktion der Klassengrößen. Gespart könne aber nur im Personalbereich werden.

„Wir brauchen die besten Schulen mit dem besten Angebot für unsere Kinder.“ So beginnt eine Aussendung der Unterrichtsministerin, in der schließlich festgestellt wird: „Die Bundesregierung wird daher die Unterrichtsverpflichtung mit kommendem Schuljahr für alle Lehrer um zwei Stunden erhöhen.“ Die Lehrer sollen zwei Stunden mehr in der Klasse stehen, diese Zeit aber in ihrer 40-Stunden-Woche unterbringen.

Schmied beruft sich auf die Bundesregierung und darauf, dass diese Maßnahme mit Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Finanzminister Josef Pröll abgestimmt sei. Pröll dementiert aber. Er habe nie eine derartige Zustimmung gegeben. Es gebe nur Globalbudgets; wie dieses innerhalb eines Ministeriums gewichtet werde, liege in der Verantwortung eines Ministers, in diesem Fall der Unterrichtsministerin. Josef Pröll weiter: Es sei kein guter Anfang, dass Schmied nicht vorher mit den Lehrervertretern gesprochen, sondern dies über die Medien kommuniziert habe.

Dem Dementi Prölls folgte eine anders geartete Richtigstellung von Bundeskanzler Faymann: Der Vizekanzler habe sehr wohl dem Vorschlag Schmieds zugestimmt, dass die Lehrer zwei Stunden mehr arbeiten und dass dies im Budgetbegleitgesetz geregelt werde, so Faymann.

Protest „mit voller Kraft voraus“

Unmittelbar nach Bekanntgabe dieser Maßnahme hagelte es scharfe Proteste der Lehrervereinigungen. „Entweder Schmied kommt zur Besinnung und nimmt das zurück, oder es gibt gewerkschaftliche Maßnahmen – und zwar mit voller Kraft voraus“, erklärte beispielsweise der Vorsitzende der Pflichtschullehrergewerkschaft, Walter Riegler. Auch von Lehrerstreiks war am Mittwoch bereits die Rede.

SPÖ-Ministerin Schmied knüpft mit ihrem „Lehrerpaket“ an Bestrebungen früherer ÖVP-Minister an. Erhard Busek wollte 1994/95 als Unterrichtsminister die Unterrichtszeit von 50 auf 45Stunden verkürzen, was ebenfalls mehr Lehrerstunden zur Folge gehabt hätte. Die starken Lehrergewerkschaften brachten dies zu Fall. Seine Nachfolgerin Elisabeth Gehrer setzte Sparmaßnahmen um, indem sie die Unterrichtszeit um zwei Stunden pro Woche kürzte. Das ließ die Lehrer zwar unbehelligt, sie riefen dennoch Streiks aus und organisierten Großdemonstrationen. Auch die Streichung der Klassenvorstandsstunde (gegen eine Zusatzpauschale, die allerdings nicht in den Ferien ausbezahlt wird) löste Proteste aus. Gehrer drückte dies dennoch durch.

Claudia Schmied beruft sich auf OECD-Vergleichsstudien. In Österreich stehen die Lehrer 607 Stunden pro Jahr im Klassenzimmer (Sekundarstufe1), im OECD- Schnitt sind es 717 Stunden. Damit belegt Österreich den 19. Platz unter den 24 OECD-Ländern. Vergleicht man aber die Lehrereinkommen, dann liegt Österreich an der fünften Stelle.

Ruhestände nicht nachbesetzen

Die Lehrervereinigungen gehen auf diese Argumente nicht ein. Mit Schmieds Maßnahme würden „10.000 Leute rausgeschmissen werden“, heißt es aus der Gewerkschaft. Im Ministerium betont man freilich, dass in erster Linie die anfallenden Ruhestände nicht nachbesetzt werden. Die AHS-Lehrergewerkschaft und der Christliche Lehrerverein (CLV) schießen sich auf die erforderlichen höheren Kosten von Schmieds Neuer Mittelschule ein. „Keine Gesamtschulfinanzierung auf dem Rücken von SchülerInnen und LehrerInnen“, so der CLV-Slogan.

Schmieds Vorhaben wurde von der FPÖ („Sie soll sich nicht an den Lehrern abputzen“) und der SPÖ-Oberösterreich, die im September die Landtagswahl bestreiten wird, kritisiert. Lob kommt von Elternvertretern. „Das liegt auf unserer Linie“, sagt etwa Gerald Netzl, Vorsitzender der Elternvereine an den Pflichtschulen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2009)

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